Bosnien-Herzegowina, der andere Krisenherd Europas

Karl-Friedrich Bopp analysiert die Situation in Bosnien-Herzegowina und warnt vor einer weiteren Eskalation. Im Hintergrund zieht, wie immer, Putin die Strippen.

Bosnien-Herzegowina, mit seiner Hauptstadt Sarajewo, ist der nächste Krisenherd auf dem Balkan. Foto: rowanwindwhistler / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(Karl-Friedrich Bopp) – Die westliche Welt schaut beunruhigt auf die östliche Grenze der Ukraine. Mit Androhungen von Sanktionen soll Russlands Präsident Putin davon abgehalten werden, in die Ukraine einzumarschieren, um so das Gespenst einer NATO-Mitgliedschaft dieses Landes für immer zu verscheuchen. Doch Putin spielt auch auf dem Balkan mit dem Feuer, genauer gesagt in Bosnien–Herzegowina.

Vielmals angedroht, jetzt umgesetzt. Letze Woche hat das Parlament der Republik Srpska beschlossen, sich aus der Armee, dem Justiz- und der Zentralregierung von Bosnien-Herzegowina zurückzuziehen. Der regionalen Regierung werden sechs Monate Zeit gegeben, diesen Beschluss umzusetzen. Mit der Aufkündigung der staatlichen Einheit wäre dies mit einer Kriegserklärung gleichzusetzen. Nur um es deutlich für jedermann zu machen: Das ist so, als wenn der bayerische Landtag beschließen würde, sich von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten oder die Abgeordneten der CEA das Elsass für unabhängig erklären würden.

Hinter dem Vorhaben steckt Milorad Dodik, der Anführer der bosnischen Serben, der die Unterstützung von Russlands Putin genießt. „Es ist Zeit für die Eroberung der Freiheit der Republik Srpska“, verkündete er letzten Freitag mit voller Brust.

Zur Erinnerung: Von 1992 bis 1995 führten im Gefolge der Auflösung des jugoslawischen Zentralstaates die religiösen Gruppen von Bosnien-Herzegowina (Kroaten/katholisch – Serben/orthodox – Bosnier-Muslime) einen erbitterten Bürgerkrieg. Ungefähr 100 000 Menschen verloren ihr Leben und 2 Millionen flüchteten. 1995 handelten die USA das sogenannte Dayton-Abkommen aus, das den Krieg formal beendete. Das Abkommen sah die Aufteilung des Landes in eine kroatisch-muslimische Föderation und die Republik Srpska vor, mit Sarajevo als Hauptstadt. Regiert wird das Land von einem Triumvirat, besetzt von einem kroatischen, einem muslimischen und einem serbischen Vertreter.

Mit ausdrücklichem Rückhalt Putins findet der Serbe Milorad Dodik nun, dass die Zentralregierung sich über die Jahre mit zu viel Kompetenzen ausgestattet habe – auf Kosten der Teilrepubliken. Weiter argumentiert er, dass die westlichen Staaten verantwortlich dafür wären, dass sich Bosnien-Herzegowina zu Lasten der Serben und zugunsten der bosnischen Muslime entwickelt habe.

Der deutsche Christian Schmidt, im Augenblick UN-Repräsentant für Bosnien-Herzegowina, meldete erschrocken nach New York, dass das Vorhaben des Serben Dodik einer Abspaltung gleichkomme. Auch die US-Regierung schickte rasch Emissäre, um die aufkommende Kriegsgefahr im Keim zu ersticken. Daraufhin ließ Serbenführer Milorad Dodik erstmal staatsmännisch verlauten: „Der Frieden muss bewahrt werden“ und weiter „Der Krieg ist keine Option.“

Vielleicht meint er das sogar. 2022 sind Parlaments-, Teilstaats- und Präsidentschaftswahlen. Da sind ihm alle nationalistischen Töne recht, um von den wirtschaftlichen Missständen und der enormen Korruption in seiner Republik Srpska abzulenken.

Aber aufgepasst. Wer mit Putins Hilfe so viel Wind macht, darf sich nicht wundern, wenn aus der Glut plötzlich Feuer entsteht. Die westliche Gemeinschaft und insbesondere Europa haben allen Grund, das Geschehen in Bosnien-Herzegowina mit derselben Intensität zu beobachten wie das in der Ukraine.

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