Brot und Spiele

Je länger die Skandal-WM in Katar dauert, desto weniger interessieren sich die Menschen für Menschenrechte. Wo gekickt wird, mag man auch totalitäre Systeme.

Brot und Spiele, ein so passendes Werk des Malers Gerhard Silber. Foto: Gerhard Silber, Maler und Fotograf / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Heute machen sie sich über diejenigen lustig, die aus Überzeugung die WM in Katar boykottieren (in Deutschland immerhin rund 50 % derjenigen, die sich normalerweise die Spiele anschauen) und morgen gehen sie wieder demonstrieren, um gegen die Verletzung der Menschenrechte im Iran, in Saudi-Arabien, in Russland oder China zu demonstrieren, doch bis es soweit ist, dass diese Sofa-Revolutionäre wieder normal denken, dröhnt man sich eben die Rübe mit Opium (Fussball) und Bier und Chips zu und schwadroniert dabei noch über krude Themen, nach denen die Durchführung dieser WM und vor allem das eigene Zuschauen, ein politischer Akt der Solidarität sei, der die Lebensbedingungen von Wanderarbeitern in Katar mächtig verbessern würde

Nun weiß man von den letzten gefühlt 50 sportlichen Großveranstaltungen, von denen viele in autokratischen Ländern stattgefunden haben, dass sich dort die Lebensbedingungen der Menschen nicht etwa verbessern, sondern verschlechtern. Insofern darf man davon ausgehen, dass der Drang, Rechtfertigungen für den „Opium-Konsum“ zu verbreiten, eher der Hinweis darauf ist, dass die Fußball-Zuschauer schon irgendwie wissen, dass an dieser WM nichts, aber auch gar nichts in Ordnung ist.

Dass man bei Minustemperaturen gerne gemütlich daheim Fußball-WM schaut, das ist nachvollziehbar. Niemand muss sich dafür rechtfertigen, wir leben im freien Europa. Doch diejenigen anzufeinden, denen Menschenrechte mehr bedeuten als Fußball-Spiele, das geht zu weit.

Zum Glück geht dieser sportliche Albtraum nun bald zuende – es gibt nur noch eine Handvoll Spiele. Danach kommt das etwas peinliche Erwachen, wenn diejenigen, die heute hämisch über WM-Boykotteure spotten, sich wieder zum Thema Menschenrechte zu Wort melden und dann erwarten, dass man ihre Stellungnahmen ernstnimmt. Doch Menschenrechte sind ein universeller Wert und wer sie heute mit Füssen tritt, darf nicht erwarten, dass man ihm morgen zu diesem Thema noch zuhört.

Aber immerhin, ähnlich wie die Pandemie und der Ukraine-Krieg führt auch diese Skandal-WM dazu, dass sich die Menschen so zeigen, wie sie sind. Und das wird nach dem Finale nicht einfach so vergessen werden.

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