Bürgerkonferenz: Warum Sie am Montagmittag in Kehl sein sollten

Am Montagmittag findet in den Beruflichen Schulen in Kehl die „grenzüberschreitende Bürgerkonferenz“ zum Thema „Zugang zum Arbeitsmarkt für Jugendliche“ statt.

Der einzige Weg, Konflikte und Probleme nachhaltig zu lösen, ist der Dialog. Und der findet am Montag in Kehl statt. Foto: supercarwaar / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Ja, ja, ja, Sie haben ja Recht. Wir haben auf Eurojournalist(e) genau diese Veranstaltung schon einmal angekündigt. Und wäre sie nicht am Montag, würden wir sie noch dreimal ankündigen. Denn diese von der Stadt Straßburg organisierte Reihe von „Bürgerkonferenzen“ ist wichtig. Und das gleich auf ganz vielen Ebenen. Weswegen wir uns erlauben, Sie noch mal einzuladen, am Montag um 12:30 Uhr bei dieser Konferenz dabei zu sein und mit zu diskutieren.

Warum diese Reihe von Konferenzen wichtig ist? Schauen wir uns die Gründe dafür an. Ausschlaggebend für diese extrem kurzfristig angesetzte Konferenzreihe ist die Erkenntnis, dass das Gemeinschaftsgefühl, das nach den Attentaten von Paris kurzzeitig Frankreich und ganz Europa erfasst hatte, mittlerweile wieder abklingt. Die Menschen sind wieder zur Tagesordnung übergegangen, was verständlich ist, doch will der Straßburger OB mit diesen Veranstaltungen ein Aktionsprogramm erarbeiten, mit dem auf lokaler Ebene Umstände geschaffen werden können, in denen das Leben innerhalb der Gesellschaft für junge Menschen attraktiver ist als ein Leben außerhalb der Gesellschaft – denn an dieser Stelle setzen die Seelenfänger ein, die junge Menschen radikalisieren. Dass man dieses Phänomen nicht dadurch verändert, dass man schwer bewaffnete Soldaten durch die Bahnhöfe patrouillieren lässt, hat man in Straßburg verstanden und daher will man in einem unglaublich straffen Zeitplan und gemeinsam mit der Bürgerschaft ein Aktionsprogramm entwickeln, das bereits am 19. Februar vorgestellt werden soll. Damit die 17 Todesopfer von Paris nicht ganz umsonst gestorben sind. Das wäre der erste Grund.

Der zweite Grund ist, dass Roland Ries den Menschen im Eurodistrikt Straßburg-Ortenau mit dieser Konferenzreihe eine Plattform für eine Bürgerbeteiligung bietet, die diesen Namen auch verdient. Was für uns in Deutschland vielleicht selbstverständlich ist, nämlich dass Bürgerinnen und Bürger relativ kurze Wege zu den politischen Ebenen haben und entsprechende Initiativen zum Teil als Partner der Institutionen fungieren, das ist für Frankreich geradezu revolutionär. „Bürgerbeteiligung“ ist in der V. Französischen Republik immer noch ein Begriff, der kurz vor „revolutionärer Zelle“ kommt und vor allem in Paris ziemlich misstrauisch beäugt wird. Wenn nun der Straßburger OB den Mut hat, ein gemeinsames politisches Aktionsprogramm mit der Zivilgesellschaft zu entwickeln, dann verdient dies unsere Anerkennung, aber vor allem unsere Mitwirkung. Damit sich dieses Konzept auf beiden Seiten des Rheins weiter entwickeln kann. Das wäre der zweite Grund.

Ebenso interessant ist, dass die Stadt Straßburg die Konferenz am Montag grenzüberschreitend organisiert. Dies zeigt, dass man auch in Straßburg auf Ebene des Eurodistrikts denkt, auch, wenn diese Struktur gerade mächtig in den Seilen hängt und viele Zweifel haben, dass sie noch einmal in die Gänge kommt. Egal – Straßburg denkt und handelt gerade grenzüberschreitend und dies sollte man durch seine Mitwirkung mit Leben füllen. Das wäre dann der dritte Grund.

Der vierte Grund (die Gewichtung der Gründe bleibt natürlich jedem selbst überlassen, jeder dieser Gründe könnte auch auf Platz 1 stehen…) ist das eigentliche Thema. „Der Zugang von Jugendlichen zum Arbeitsmarkt“ – hier haben wir ein Thema, das für die Zukunft unserer gemeinsamen deutsch-französischen Region von zentraler Bedeutung ist. Nur durch die Integration des Arbeitsmarkts am Oberrhein, an dem viele gute Köpfe seit geraumer Zeit arbeiten und dabei großartige Programme entwickeln, kann die sehr unterschiedlichen Probleme im Elsass und in Baden lösen. Während das Elsass unter einer Jugendarbeitslosigkeit von 23 % (und der damit verbundenen Perspektivlosigkeit eines Viertels der Jugendlichen) ächzt, stöhnen viele Unternehmen in Baden bereits unter einem Fachkräftemangel, der durch den demographischen Wandel von Jahr zu Jahr schlimmer werden wird. Was also liegt näher, als diese Thematik gemeinsam und grenzüberschreitend anzugehen.

Genau an dieser Stelle setzt die Bürgerkonferenz am Montag in Kehl an. Obwohl es zahlreiche, interessante Programme gibt, mit denen der Arbeitsmarkt am Oberrhein durchlässig gemacht wird, machen noch viel zu wenige junge Menschen den Schritt über den Rhein. Warum? Werden die bestehenden Programme nicht gut genug kommuniziert? Sind sie nicht präzise genug auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnitten? Warum begeistern sich so wenige Unternehmen in Baden für die Möglichkeit, junge Franzosen zu beschäftigen? Wieso studieren so wenig junge Deutsche im Elsass? Warum nutzen so wenige elsässische Lehrlinge die vor der Haustür liegende Möglichkeit zur dualen Ausbildung in Baden? Ist Deutschland wirklich „unsexy“ für junge Franzosen? Ist die französische Verwaltung wirklich so ein Hindernis, wie es viele junge Deutsche empfinden?

Sagen Sie den Verantwortlichen am Montag, was Sie dazu denken. Machen Sie Vorschläge, teilen Sie Ihre Ideen mit den anderen Teilnehmern! Kritisieren Sie! Sagen Sie, was Sie zu sagen haben – oder, wie es der Titel der Konferenzreihe vorschlägt: „Machen wir das Maul auf!“ Das ist genau der richtige Moment dafür.

Bürgerkonferenz „Der Zugang für junge Menschen zum Arbeitsmarkt“
Berufliche Schulen Kehl, Aula
12:30 Uhr bis 14:15 Uhr
Eintritt (natürlich) frei!

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