Bürgerkonferenzen in Straßburg (3) – Die Meinungsfreiheit

Die dritte „Bürgerkonferenz“ in Straßburg behandelte ein Thema von trauriger Aktualität: Die Meinungsfreiheit.

Unsere Werte, auch die Brüderlichkeit, sind selbst in unseren Geldmünzen eingraviert - jetzt müssen wir sie nur noch umsetzen. Foto: Uschi Dreiucker / www.pixelio.de

(KL) – Mittwoch, 11. Februar, im „Nouveau Foyer Mélanie“ im beschaulichen Straßburger Stadtteil Robertsau. Noch unter dem Eindruck der Attentate von Paris treffen sich engagierte Bürgerinnen und Bürger, um zum Thema „Meinungsfreiheit“ zu diskutieren, einem Konzept, das durch diese Attentate in den Schmutz gezogen wurde. Und wie bei den anderen Konferenzen dieser Serie zeigten die Teilnehmer einmal mehr eine große Klarsicht bei diesem Thema.

Beim ersten Punkt dieser Konferenz ging es um die Grenzen dieser Freiheit, die jedoch allen sehr am Herzen liegt. Die grundlegende Aussage der Teilnehmer lautete: „Die Meinungsfreiheit ist ein Teil der Grundrechte“. Auch, wenn sie Grenzen hat (beispielsweise verbotene, beleidigende oder diffamierende Aussagen), so muss sie auf jeden Fall verteidigt werden.

Aber das Konzept der „Meinungsfreiheit“ hat auch eine politische Grenze. So unterstrichen die Teilnehmer die Notwendigkeit der Integration in der Gesellschaft, ohne die nicht ALLE Mitglieder dieser Gesellschaft von dieser Freiheit profitieren können. Dies setzt den Respekt für alle voraus und es fiel auch der berühmte Satz: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit der Anderen beginnt“. Wobei trotzdem keine religiösen oder kulturellen Barrieren aufgebaut werden dürfen.

Französische Bürger moslemischen Glaubens fühlen sich heute ausgegrenzt und verzichten daher weitgehend auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, ebenso wie andere Bevölkerungsgruppen, die in Randbereichen der Gesellschaft leben, wie Arbeitslose, chronisch Kranke oder Arme. Dies ist allerdings ein schlechtes Zeichen für den Zustand unserer Demokratie. Auf dieser Ebene beginnt man zu erkennen, welches die Probleme sind, die zur Radikalisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen führen.

Wenngleich mehrere Teilnehmer von der „Verantwortung“ im Umgang mit der Meinungsfreiheit sprachen, unterstrichen andere, dass diese Freiheit die Grundlage für das Zusammenleben in der Gesellschaft darstellt. Was natürlich den gegenseitigen Respekt erfordert. Denn ohne Meinungsfreiheit erreichen wir schnell das Ende der Demokratie.

Die Rolle der Medien wurde natürlich auch angesprochen, wobei die Journalisten an ihre Pflichten und Verantwortung erinnert wurden. Die Journalisten, die übrigens durch einen beruflichen Code gebunden sind, sehr gut kennen. Vermutlich besser als ihre Herausgeber, die ihrerseits häufig eher ihren Anzeigenkunden und anderen öffentlichen Finanzpartnern verpflichtet sind. Wo sie dann auch die Grenzen der Meinungsfreiheit erfahren.

Nach „Charlie“ hat sich der Elan der Solidarität mit unabhängigen Medien schnell in Luft aufgelöst. Wir bei „Eurojournalist(e)“ können ein Lied davon singen. Seit sechs Jahren erscheinen wir an allen Wochentagen und erhalten immer noch keinerlei Unterstützung – obwohl diese nötig wäre, um ein solches unabhängiges Medium nachhaltig entwickeln zu können. Keine öffentliche Einrichtung schaltet Anzeigen in unabhängigen Medien, während große Budgets in diesem Bereich in die Kassen der klassischen Medien fließen, die zum Teil ohne diese Anzeigen oder Amtsblätter gar nicht überleben könnten.

Es reicht nicht aus, unabhängigen Medien Beifall für deren Existenz zu klatschen, es reicht auch nicht aus, wegen „Charlie“ auf die Straße zu gehen – es ist höchste Zeit, dass die Rolle unabhängiger Medien für die Meinungsfreiheit als „demokratischer Wert“ anerkannt wird. Doch wenn man sich die großen Mediengruppen anschaut, die oft von großen Finanzgruppen kontrolliert werden, dann bleibt das wohl ein Traum…

Wird fortgesetzt.

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