Bye, bye, Friedrichshafen?

Die Zeppelin-Werke in Friedrichshafen haben ernste Konkurrenz erhalten – das urdeutsche Luftschiff spricht künftig Französisch. Die „Fliegenden Wale“ entwickeln die Zeppelin-Technik weiter.

Der LCA60T kann bis zu 60 Tonnen Lasten in und aus unwegsame Gebiete(n) transportieren. Foto: flying-whales.com

(KL) – Das französische Startup „Flying Whales“ plant gerade sein neues Werk nördlich von Bordeaux, im Dörfchen Laruscade. Dort wird der LCA60T hergestellt, eine an den Zeppelin erinnerndes Luftschiff, die „größte Flugmaschine der Welt“, wie Firmenchef Sébastien Bougon stolz erklärte. 150 Meter lang und in der Lage, Lasten von bis zu 60 Tonnen zu transportieren – dieses Flugschiff hat es in sich. Ideal für den Transport schwerer Güter an schwer zugänglichen Orten, ist dieses Luftschiff auch eine ökologische Option auf die Zukunft im Transportwesen.

„Im Vergleich zu Hubschraubern oder Flugzeugen verbraucht unser Luftschiff 50 Mal weniger Energie pro transportierter Tonne“, erklärte Sébastien Bougon. Ein ähnliches Transportprojekt ist in Friedrichshafen seit Jahren in der Entwicklungsphase, ohne, dass sich diese Technik in Deutschland hätte durchsetzen können. Die französische Konkurrenz für dieses urdeutsche Luftgefährt startet da schon besser – erste Bestellungen liegen vor, beispielsweise von der französischen Forstverwaltung, die große Mengen eingeschlagenen Holzes aus unwegsamen Gebieten mit einem solchen LCA60T abtransportieren will. Derart ermutigt hat sich „Flying Whales“ dafür entschieden, im ländlichen Norden des Departements Gironde ein Werk zu errichten, in dem mittelfristig bis zu 10 dieser Luftschiffe pro Jahr produziert werden können.

Das Prinzip dieser fliegenden Lastenträger ist einfach. Im Bauch des Luftschiffs befindet sich die leistungsstarke Hebevorrichtung; die ideal austariert bis zu 60 Tonnen Gewicht durch die Luft transportieren kann. Der emissionsfreie elektrische Antrieb ermöglicht dann den zielgenauen Transport dieser schweren Güter.

Die seltsame Geschichte der Zeppeline ist bislang nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte. Man denke an die „Hindenburg“, die im Feuerinferno in den USA unterging. Zeppeline konnten sich nie im Personenverkehr durchsetzen und auch nicht richtig im Gütertransport. Doch das beherzte französische Start-Up könnte nun dafür sorgen, dass sich das ändert. Hierfür steht auch schon ein ehrgeiziger Zeitplan: Start des Baus des neuen Werks 2021, Fertigstellung des ersten kommerziellen LCA60T 2022 mit Jungfernflug im Frühjahr 2023, Zertifizierung spätestens 2025 und nach erfolgreicher Zertifizierung, Beginn der Serienproduktion.

Die Entwicklung des Standorts im 2700-Einwohner-Flecken Laruscade ist übrigens ein Schulbeispiel für aktives Standort-Marketing. Der Präsident der Region Nouvelle-Aquitaine Alain Rousset erklärte, dass sich die Region am Kapital des Unternehmens beteiligt, das Gelände und Lieferanten identifiziert hat und alles daran gesetzt hat, dieses Start-Up in die Region zu holen. Belohnung – 300 neue Arbeitsplätze, die in Laruscade entstehen.

Freuen wir uns also, dass nach über einem Jahrhundert Zeppelin-Geschichte nun ein französisches Start-Up diese Technik einen Schritt weiter entwickelt und daraus ein umweltfreundliches, zukunftssicheres Transportmittel für Extremlasten zu machen. Und Friedrichshafen muss sich warm anziehen, um diese neue französische Konkurrenz nicht enteilen zu lassen.

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