Claus “Robin Hood” Weselsky kämpft weiter gegen das große Kapital

Während in Deutschland die Lokführer zum siebten Mal innerhalb weniger Monate streiken, sollte man einmal darüber nachdenken, was GDL-Chef Claus Weselsky da gerade macht.

Der Chef der GDL Claus Weselsky verteidigt weiterhin die Rechte der Gewerkschaften. Auch, wenn das manchmal nervt. Foto: GDL

(KL) – Klar, wenn über 550 Fernzüge ausfallen, Regionalzüge nur sporadisch verkehren und vor allem Pendler und Urlaubsreisende mit massiven Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit kämpfen müssen, dann haben alle einen dicken Hals. Doch bei allem Ärger über die logistischen Schwierigkeiten, die der neuerliche GDL-Streik mit sich bringt, sollte man dennoch einmal darüber nachdenken, was die GDL und ihr Chef Claus Weselsky da gerade machen. Und das ist nicht mehr und nicht weniger als ein großer Beitrag zum sozialen Frieden in Deutschland. Ein Versuch, sich einem wild gewordenen Kapitalismus in den Weg zu stellen, bevor wir alles, aber auch restlos alles dem “Shareholder Value” opfern. Und dafür müsste man dem Mann eigentlich dankbar sein.

Natürlich sind die Forderungen der GDL ziemlich happig. 5 % Lohnerhöhung, eine Stunde weniger Arbeit pro Woche, das klingt nach Maximalforderung, doch so ist es halt in Verhandlungen. Die einen fordern viel, die anderen bieten wenig und am Ende trifft man sich irgendwo in der Mitte. Insofern ist an Maximalforderungen eigentlich nichts Schlimmes dran. Und dann sollte man nicht vergessen, dass die Bahn gerade ein doppeltes Spiel spielt und natürlich, wie bei den vorangegangenen sechs Streiks, der GDL den Schwarzen Peter zuzuspielen. Nur, es glaubt ihr niemand mehr, egal wie geölt die Kommunikationsmaschine von der DB-Zentrale am Potsdamer Platz in Berlin auch läuft.

Die Bahn spielt auf Zeit, denn sie will unbedingt einen Tarifsabschluss mit der GDL vor dem Monat Juli vermeiden – denn dann, so die Hoffnung der Bahn, könnte das unsägliche Gewerkschaftsgesetz von Arbeitsministerin Nahes (SPD) in Kraft treten, mit dem sie den kleinen und Sparten-Gewerkschaften wie der GDL faktisch die Existenzgrundlage entzieht, denn das neue Gesetz sieht vor, dass in den Unternehmen nur noch mit derjenigen Gewerkschaft verhandelt werden muss, die am meisten Mitglieder aufweisen kann. Da aber die GDL nicht nur für die Lokführer verhandelt, sondern auch für Mitarbeiter des (schlechter bezahlten) Rangierpersonals, die Mitglied der GDL sind, will die Bahn zum jetzigen Zeitpunkt einen Abschluss unbedingt verhindern. Da aber nach dem heutigen Stand niemand der GDL verbieten kann, im Namen aller ihrer Mitglieder zu verhandeln, also auch für andere Berufsgruppen als nur die Lokführer, ist da Recht eindeutig auf der Seite von Claus Weselsky und man muss dem Mann dankbar sein, dass er vor der versammelten Kraft des großen Kapitals nicht das Knie beugt.

Mehr noch – Weselskys starrköpfige Haltung zwingt die Bundesrepublik in eine inhaltliche soziale Auseinandersetzung, die ansonsten in Deutschland schon lange nicht mehr geführt wird. Denn er vertritt Berufsgruppen, die ansonsten keine Lobby und in den Netzwerken von politischer Macht und Kapital weder Stimme noch Bedeutung haben. Insofern leistet die GDL, so nervig die Zugausfälle auch sein mögen, einen wichtigen Beitrag zur sozialen Debatte in Deutschland.

Die Bahn hingegen hat aus ihren juristischen Niederlagen im letzten November offenbar nichts gelernt. Nach wie vor versucht sie, die GDL und die Person Weselsky zu diskreditieren, wobei man festhalten muss, dass sich in diesem Arbeitskampf nur eine Seite strikt an die aktuelle Gesetzeslage hält – die GDL. Dass die Bahn lieber mit der EVG verhandelt, das weiß man schon lange, doch es ist nicht Sinn des Gewerkschaftssystems, dass sich der Arbeitgeber diejenigen Verhandlungspartner aussucht, mit denen er aus den unterschiedlichsten Gründen am liebsten verhandelt. Wohin das führt, hat man bei den Skandalen bei VW gesehen, wo Vorstände und Gewerkschaftsvertreter Sexorgien feierten und sich im Whirlpool näher kamen.

Insofern – weiter so, Claus Weselsky und die GDL, verteidigt weiter die Interessen der Arbeiter gegenüber den undurchsichtigen Interessen des großen Kapitals und wenn das einzig wirksame Mittel hierfür ist, den Bahnverkehr in Deutschland lahm zu legen, dann sei’s drum. Und eines Tages wird man vielleicht auch in der SPD verstehen, dass dieser gesetzliche Anschlag auf die deutsche Gewerkschaftsbewegung, den die sozialdemokratische Arbeitsministerin Andrea Nahles durchzieht, genau zu den Gründen gehört, warum die SPD in absehbarer Zeit nicht mehr an die Macht kommen wird. Denn wer so eklatant gegen die Interessen der Arbeitnehmer agiert wie SPD-Ministerin Nahles, der hat seinen Status als Partei der Arbeitnehmer nicht mehr verdient. Da könnte man genau so gut die FDP wählen.

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