Covid-19 und das Problem mit der Vorbildfunktion der Regierenden

Karl-Friedrich Bopp kommentiert die Sorglosigkeit, mit der sich viele Regierende über die Maßnahmen hinwegsetzen, die sie selbst erlassen haben.

König Willem-Alexander mag ein netter Kerl sein, aber ist die Monarchie noch eine zeitgemässe Staatsform? Foto: Ministeerie van Defensie / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Karl-Friedrich Bopp) – König Willem-Alexander der Niederlande (53) wollte mit seiner Familie ein paar Tage die Sonne Griechenlands genießen. Am Freitag, den 16. Oktober 2020 war es endlich soweit. Allerdings, kaum hatte er mit seiner Frau Maxima (49) und ihren drei Töchtern die Koffer ausgepackt, da konnte es gar nicht schnell genug gehen alles wieder einzupacken, um den Rückflug nach Hause anzutreten. Was war passiert?

In unseren Breitengraden ist Herbst. Die Temperaturen gehen nach unten. Wenn man einen Spaziergang antritt, dann ist es nicht sicher, ob man trocken nach Hause kommt. Es liegt daher nahe, in den Herbstferien, bevor dass die Tage noch kürzer werden, noch einmal in den Süden Europas zu fliegen. Warum nicht Griechenland? Herrlicher Wein, milde Sonne, angenehme Wassertemperaturen, um noch einmal ein Bad im Meer zu genießen.

Nur. Es ist nicht irgendein Herbst. Es ist Covid-19-Herbst. Die Infektionszahlen steigen auch in den Niederlanden ins Unermessliche. Die Regierung hat weitere noch strengere Maßnahmen ergriffen. Insbesondere wurde den Bürgern und Bürgerinnen angeraten, bei Reisen in der näheren Umgebung zu bleiben.

Irgendwie muss der König diese Entwicklung allerdings verpasst haben. Kennt er vielleicht gar nicht mehr die Sorgen seiner Landsleute? Auf jeden Fall brach nach seiner Abreise ein Sturm der Entrüstung aus mit dem Ergebnis, dass die Königsfamilie schnell wieder niederländischen Boden unter den Füssen spüren wollte.

Aber warum diese Entrüstung? Wir Regierten möchten einfach, dass sich unsere Regierenden in ihrer Vorbildfunktion zunächst einmal selbst an die von ihnen verordneten Regeln halten. Dass dies nicht so selbstverständlich ist, haben leider auch andere Prominente gezeigt. Hier eine kleine europäische Auswahl.

Der irische Kommissar bei der Europäischen Kommission, Phil Hogan, verlor im Sommer sein hohes Amt, als er bei einem Dinner mit 80 Personen gesichtet wurde, natürlich ohne Beachtung der Covid-19 Abstandsregeln. Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen saß so nett mit seiner Frau im Lokal zusammen, dass er glatt die Sperrstunde vergaß. Und der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier musste sich öffentlich entschuldigen, als ein Gruppenfoto aus dem Sommerurlaub auftauchte, auf dem weder eine Maske noch der notwendige Abstand zu sehen waren. Es ist in diesem Zusammenhang positiv anzumerken, dass von ähnlichem Fehlverhalten französischer Spitzenpolitiker zumindest nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist.

Aber gerade in solchen schweren Zeiten sehen Sozialpsychologen im Verhalten der Regierenden eine wichtige Vorbildfunktion. Es liegt an ihnen, erwünschtes Verhalten vorzuleben. Jedenfalls ist es schwierig bis unmöglich zu vermitteln, dass Bußgelder zu verteilen sind, wenn die verantwortlichen Politiker sich selbst nicht an die vorgegebenen Regeln halten.

Nach seiner Rückkehr bat König Willem-Alexander jedenfalls in einem persönlichen Video sein Volk um Entschuldigung. Er habe die Stimmung im Lande nicht richtig eingeschätzt. Er sei „berührt“ gewesen von den heftigen Reaktionen seiner Landsleute. Werden seine Untertanen ihm verzeihen?

Jedenfalls kam in den Niederlanden – wieder einmal – die Diskussion auf, ob es angebracht sei, dass ein modernes Land im 21. Jahrhundert noch ein Staatsoberhaupt ohne jede demokratische Legitimation unterhalten müsse.

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