CTS – die neue Zensurbehörde

Die Straßburger Verkehrsgesellschaft CTS hat Strafbescheide an Facebook-User versandt, die etwas zu heftig auf die Streikankündigung reagiert haben.

Die Straßburger Tram ist schön - das Verhalten der CTS schon weniger... Foto: Smiley.toerist / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der Streik der Straßburger Busse und Tramlinien der „Compagnie des Transports Strasbourgoise“ kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Abiturienten mussten zu ihren Prüfungen, das Musikfest fand überall in der Stadt statt, und durch den Streik kamen, wie immer, viele Arbeitnehmer in große Probleme. Normal, dass die Menschen, die den Betrieb CTS durch ihre Monats- und Einzelkarten finanzieren, nicht gerade erfreut waren und die Streikankündigung der CTS auf Facebook nicht mit „Likes“ verzierten. Doch dass sich die CTS nun als Zensurbehörde aufspielt und wütende Kommentatoren mit Strafzetteln und Klagedrohungen verfolgt, schlägt dem Fass den Boden aus.

15 Kommentatoren, die heftige Kommentare geschrieben hatten, bekamen nun ein Schreiben von der CTS, in dem zum einen eine „Strafzahlung“ von 95,35 € verlangt wurde, zum anderen die Kommentatoren aufgefordert wurden, innerhalb von 8 Tagen ein „Entschuldigungsschreiben“ auf der Facebook-Seite der CTS zu posten und das Ganze noch vorbehaltlich einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung.

Abgesehen davon, dass dieses Vorgehen rechtlich mehr als fraglich ist, fallen einem zwei Dinge auf – zum einen ist die CTS keine Zensurbehörde, die ihren Kunden vorzuschreiben hat, wie diese ihren Service beurteilen. Immerhin handelt es sich um zahlende Kunden, die von der CTS durch den Streik die bezahlte Leistung nicht erhalten. Diese Kunden, die verständlicherweise sauer sind, dann auch noch oberlehrerhaft zum Schreiben eines Entschuldigungsschreibens zu verdonnern, das übersteigt dann die Grenzen des Zulässigen.

Zum anderen zeigt das Vorgehen der CTS, mit welcher Arroganz und Kundenferne die Verkehrsbetriebe agieren. Dass ein Streik per Definition wehtun soll, das ist klar – doch dass die Kunden dies als „Geiselnahme“ empfinden, das sollten dann die Streikenden auch verstehen, schließlich erwarten sie ja auch Verständnis für ihr eigenes Anliegen. Die Reaktion der CTS zeigt deutlich, wie egal ihr ihre Kunden sind.

Und ganz am Ende stellt sich noch eine Frage: Welcher Erbsenzähler bei der CTS ist nur auf diese seltsame Summe von 95,38 € gekommen? Gibt es bei der CTS tatsächlich gut bezahlte Mitarbeiter, die sich einen solchen Schwachsinn ausdenken? Wenn ja, sollte man mit den Einsparungen gleich dort anfangen – indem man diese Erbsenzähler vor die Tür setzt. Denn niemand muss Mitarbeiter dafür bezahlen, dass sie das Klima zwischen Dienstleister und Kunden vergiften. Und genau das tut die CTS gerade.

1 Kommentar zu CTS – die neue Zensurbehörde

  1. Jens Gustedt // 29. Juni 2017 um 0:11 // Antworten

    Mir ist auch aufgefallen, dass die CTS an dem Abend große Wartungsarbeiten an den Schienen durchgeführt haben, die ohne den Streik nicht möglich gewesen wären. Kam ihnen wohl ganz gut zu pass.

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