D-Day: Nicht schämen, sondern aus der Geschichte lernen

Am Freitag erinnert sich die Welt an den 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie. Schade, dass dieser Tag in Deutschland ebenso wenig ein Gedenktag ist wie der 8. Mai und der 11. November.

Viele dieser kanadischen Soldaten ließen ihr Leben für die Befreiung Europas vom Faschismus. Foto: Wikimedia Commons

(KL) – „Lasst mich bloß mit den alten Geschichten in Ruhe“ oder „Da habe ich doch nichts mit zu tun“, so lauten die häufigsten Reaktionen von Deutschen, wenn sie auf den 70. Jahrestag der Landung der Alliierten angesprochen werden. Dabei sollten an diesem Wochenende alle Menschen darüber nachdenken, was da 1944 in der Normandie passiert ist und warum. Und dabei sollte man einen ehrenden Gedanken an die zahllosen jungen Menschen senden, die bei der Verteidigung Europas gegen den Faschismus ihr Leben gelassen haben.

Es gibt Tage, an die man in Deutschland nicht so oft denkt, die aber in anderen Ländern wie Feiertage begangen werden und die zum Teil auch sind. Wie der 11. November (Ende I. Weltkrieg), der 8. Mai (Ende II. Weltkrieg) oder eben der 6. Juni (Tag der Landung der Alliierten in der Normandie). Bei diesen Tagen geht es schon lange nicht mehr darum, mit dem Finger auf Deutschland zu zeigen, denn auch in den anderen Ländern weiß man, dass die heutigen Generationen nicht für das III. Reich verantwortlich gemacht werden können. Und dennoch – auch in Deutschland sollte man diese Tage als Gedenktage begehen. Warum nicht als „Weltfriedenstag“ oder als „Internationaler Tag gegen den Faschismus“ oder so etwas in der Art?

Am Freitag treffen sich also die Großen der Welt in Frankreich und werden dort gemeinsam mit den letzten überlebenden Veteranen und mit militärischer Prozedur dieser blutigen Landung gedenken, die das Ende des Kriegs und damit auch der wahnsinnigen Weltanschauung der Nazis einläutete. Jeder Europäer sollte für diesen Tag dankbar sein, auch wir Deutschen. Denn alleine die Vorstellung, die Nazis hätten den II. Weltkrieg gewonnen, ist eine reine Horrorvorstellung. Gerade wir Deutschen können den englischen, amerikanischen, polnischen, kanadischen, tschechischen, französischen und anderen Soldaten dankbar sein, die sich dafür geopfert haben, der mörderischsten Verbrecherbande in der Geschichte Europas das Handwerk zu legen. Insofern geht uns der „D-Day“ genauso viel an wie der 8. Mai. Und auf anderer Ebene auch der 11. November.

Denn wer sich an die Geschichte erinnert, der wird weniger anfällig für die politischen Ideen sein, von denen man weiß, wohin sie führen – zu den endlosen Reihen Soldatengräber mit schlichten, weißen Kreuzen. Wer sich aber weigert, diese historischen Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, der wird anfällig für die Sirenengesänge der neuen Volksverführer, die mit Versprechungen auf materielle Sicherheit und nationale Überhöhung locken, die Hass und Aggressionen geschickt auf wehrlose Minderheiten lenken, die an die niedrigsten Instinkte des menschlichen Daseins appellieren.

Gerade heute, in einer Zeit, in der in Europa wieder braunes Gedankengut erwacht, ist es wichtig, dass sich alle gemeinsam erinnern. Und sich gegenseitig versprechen, dass alle daran mitwirken werden, dass so etwas nicht mehr passiert. Viel Zeit für eine solche Einstellung bleibt nicht mehr, die Bestie wächst jeden Tag ein Stückchen mehr.

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