Danke schön, liebe Schweizer!

Mit 58,2 % der Stimmen haben die Wählerinnen und Wähler in der Schweiz den perspektivischen Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Der Weg steht offen für Erneuerbare Energien.

Beznau I und II wären wohl die ersten AKWs in der Schweiz, die abgeschaltet werden müssten... Foto: IAEA Imagebank / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Da könnten sich die französischen Nachbarn eine Scheibe von abschneiden – die Schweiz hat per Volksentscheid den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen und zwar mit einem ziemlich deutlichen Votum – mit 58,2 % der abgegebenen Stimmen wurde ein Richtungswechsel in der eidgenössischen Energiepolitik festgelegt.

Die Wahlbeteiligung lag bei 42,3 % der Wahlberechtigten, was angesichts der Tragweite dieser Entscheidung gering erscheint, auch wenn diese Wahlbeteiligung im Durchschnitt der Volksabstimmungen in der Schweiz liegt. Doch so oder so ist diese Entscheidung als historisch zu betrachten, da sie einen klaren Richtungswechsel der Energiepolitik der Schweiz bedeutet.

Nicht nur, dass schrittweise die teilweise uralten Atommeiler in der Schweiz vom Netz genommen werden und keine neuen AKWs mehr gebaut werden dürfen, dazu werden die Eidgenossen künftig auf einen Mix aus Erneuerbaren Energien setzen, also Hydraulik, Sonnenenergie, Geothermie und Biomasse. Und dazu wird ein Schwerpunkt auf einen sinnvolleren und sparsameren Umgang mit den vorhandenen Energieressourcen gelegt.

Zwar gab es schon einen entsprechenden Beschluss zum Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2034, der ebenfalls per Volksentscheid kurz nach dem Atomunfall in Fukushima getroffen worden war, doch diesem Beschluss fehlten die praktischen Komponenten, weswegen es bisher noch zu keiner Umsetzung kam. Nach der Entscheidung vom Sonntag sieht die Lage allerdings ganz anders aus.

So wurden nun durch diesen neuen Entscheid verbindliche Ziele definiert. Ausgehend vom Energieverbrauch im Jahr 2000, soll dieser bis 2020 um 16 % und bis zum Jahr 2035 um 43 % gesenkt werden. Was Umweltschützer noch nicht so richtig zufrieden stellt, ist der Umstand, dass da neue Gesetz zwar den Bau neuer AKWs verbietet, den bestehenden fünf Atomkraftwerken in der Schweiz allerdings eine Laufzeit zubilligt, die so lange gültig sein soll, wie diese fünf Anlagen als „sicher“ eingestuft werden. Und an der Frage, wie sicher die Uraltmeiler in Beznau oder Leibstadt sind, scheiden sich die Geister…

Eine solche Entscheidung ist natürlich einfacher zu treffen, wenn die Atomenergie „nur“ etwas mehr als ein Drittel der Energieversorgung eines Landes ausmacht. Man wird nun sehen, wie sich die neue französische Regierung verhalten wird. Der neue französische Umweltminister Nicolas Hulot hat zwar angekündigt, wenigstens Fessenheim schließen zu wollen, doch wird man abwarten müssen, ob das stattliche Atomcredo Frankreichs unter der neuen Regierung Risse bekommt. Immerhin ist Frankreich fast vollständig von der Atomkraft abhängig und alle Diskussionen über einen energiepolitischen Richtungswechsel wurden bislang radikal abgewürgt.

So erfreulich die Entscheidung der Schweiz auch ist, es sind genau diese Momente, in denen man merkt, dass es keine europäische Energiepolitik gibt und wenn schon aktuell darüber diskutiert wird, eine europäische Wirtschafts- und Finanzregierung oder auch eine europäische Armee Realität werden zu lassen, dann wäre es sicher ebenso sinnvoll, würde man sich europaweit ebenfalls auf eine gemeinsame Energiepolitik verständigen. Der Weg dorthin scheint weit zu sein, doch er lohnt sich!

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