Darf Dieudonné am Samstag in Straßburg auftreten?

Nachdem der als Antisemit bekannte Dieudonné erklärt hat, er fühle sich wie „Charlie Coulibaly“, hat die Stadt Straßburg ein Auftrittsverbot im Straßburger Zénith beantragt.

Er fühlt sich wie "Charlie Coulibaly" - dass kann er aber auch daheim im stillen Kämmerlein machen. Foto: Mickael Denet / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Was zunächst schwierig aussieht, nämlich wie Zensur, ist am Ende des Tages gar nicht so schwierig. Denn beim „Komiker“ Dieudonné geht es nicht um Satire, nicht um Meinungsfreiheit, sondern um Aussagen im strafrechtlich relevanten Bereich. Und das hat mit Satire nichts mehr zu tun.

Ein Schild auf einer Kölner „Anti-Pegida-Demonstration“ hat hervorragend die Grenzen definiert. „Rassismus ist keine Meinungsfreiheit“, stand auf diesem Schild und dem kann man nur zustimmen. Wenn ein „Komiker“ öffentlich erklärt, er fühle sich wie „Charlie Coulibaly“, was einer Gleichsetzung der Ermordeten von Paris und ihres Mörders gleichkommt, dann ist dies die Aussage, mit der er Verständnis für einen Terroristen andeutet, der aus antisemitischen Beweggründen mehrere Menschen kaltblütig ermordet hat – das ist keine Satire (die ja durch Überspitzung versucht, das Bewusstsein der Menschen wach zu rütteln), sondern eine Verhöhnung der Opfer, eine Apologetik für Terrorismus und damit am Rande zur Aufforderung an Nachahmer. So etwas kann nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

Dieudonné ist der „Held“ der Pariser Vorstädte, in denen seit Jahren eine explosive Mischung aus Fundamentalismus, Kriminalität und Antisemitismus gärt. Schon vor den Anschlägen von Paris häuften sich die antisemitischen Überfälle in Frankreich und „Komiker“ wie Dieudonné müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit ihren Aussagen diese Tendenzen noch zu befördern.

Alleine im letzten Jahr haben 5000 jüdische Familien Frankreich verlassen, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen. Nach dem blutigen Überfall auf den koscheren Supermarkt im 20. Arrondissement dürfte sich diese Zahl weiter erhöhen. Die vier getöteten jüdischen Mitbürger in Paris wurden inzwischen zur Beerdigung nach Israel ausgeflogen – Europa erlebt erstmals seit dem II. Weltkrieg einen jüdischen Exodus. Das sollte uns zu denken geben. Wenn sich Menschen in Europa wegen ihrer Religion so verfolgt fühlen, dass sie den Kontinent verlassen, dann ist das ein Vorbote für noch Schlimmeres, das auf uns zukommen könnte.

Nach den Attentaten von Paris erwartet uns alle eine riesige Aufgabe, eine Aufgabe, an der wir aber auch alle gemeinsam wachsen können. Wir müssen alles daran setzen, Brücken zwischen den Religionsgemeinschaften zu schlagen und die Stigmatisierung von Juden und Moslems im Keim ersticken. Doch auch diese beiden Glaubensgemeinschaften werden ihren Beitrag leisten müssen und es führt kein Weg an einer Öffnung und an einem Dialog vorbei.

Dabei geht es nicht darum, dass, wie in den letzten Tagen an verschiedenen Stellen gefordert, die Moslems sich für Paris entschuldigen (was für ein Blödsinn, entschuldigen sich etwa die Christen für die Massaker, die sie auf der ganzen Welt im Namen ihres Gottes angerichtet haben?), sondern es geht darum, dass man auf allen Ebenen respektvoll und aufmerksam miteinander umgeht.

Für Hassprediger wie Dieudonné (der Name bedeutet auf Deutsch übrigens „von Gott gegeben“…) ist in der Gesellschaft ebenso wenig Platz wie für Extremisten, Terroristen, Ausgrenzer und andere Fanatiker. Ein Hassprediger bleibt ein Hassprediger, auch wenn er seine fatale Botschaft in vermeintlich „witzige“ Wortspiele kleidet. Dabei ist die Aussage „Ich bin Charlie Coulibaly“ nicht witzig, sondern ein Tiefschlag in die Magengrube der ohnehin schon strapazierten Franzosen und Europäer. Der Antrag auf das Auftrittsverbot von Dieudonné in Straßburg ist daher absolut richtig. Und sollte diesem Antrag nicht stattgegeben werden, hat das Publikum auch noch die Möglichkeit, diesem unsäglichen „Künstler“ die passende Antwort zu geben – indem man einfach nicht hingeht.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste