Darf man Erdogan eine „Kanalratte“ nennen?

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki ist für klare Worte bekannt. Dass er den türkischen Präsidenten als „Kanalratte“ bezeichnet hat, hat in Ankara heftige Reaktionen ausgelöst.

Wolfgang Kubicki sprach üuber Erdogan, aber dachte an Remy... Foto; JI FilpoC / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Nachdem FDP-Vize Kubicki bei einer Wahlkampf-Veranstaltung den türkischen Präsidenten als „kleine Kanalratte“ bezeichnet hatte und seitdem die türkische Regierung Kopf steht, hat der FDP-Mann eine witzige Taktik zur Beruhigung gefunden. „Eine Kanalratte ist ein kleines, niedliches, gleichwohl kluges und verschlagenes Wesen, weshalb sie auch in Kindergeschichten als Protagonistin auftritt“, erklärte Kubicki und bezog sich dabei auf Geschichten und Filme wie beispielsweise „Ratatouille“, in dem die sympathische Kanalratte Remy die Hauptrolle spielt. Allerdings scheint man in Ankara diesen herrlichen Zeichentrickfilm nicht zu kennen, denn mit der Erklärung Kubickis gibt man sich nicht zufrieden.

Die Angelegenheit erinnert ein wenig an das Schmähgedicht von Jan Böhmermann, indem er vor einiger Zeit Erdogan durchaus kernig beleidigt hatte, was dann geradezu zu diplomatischen Verwicklungen führte. Gemeint hatte Kubicki mit seiner „Kanalratte“ nicht etwa Erdogans von einem Remy gesteuerten Kochkünste, über die man nicht viel berichten kann, sondern den Umstand, dass die Türkei von der EU Milliardenbeträge zur Eindämmung der Flüchtlingsströme aus Syrien, Afghanistan und dem Irak erhält, man aber gleichzeitig feststellt, dass diese Flüchtlingsströme momentan wieder zunehmen. Dazu kommen noch etliche andere Verhaltensweisen Erdogans, die Kubicki damit praktisch im Paket kommentiert hat.

In Ankara sieht man das anders. Das Außenministerium bestellte den deutschen Botsschafter ein und verurteilte aus Schärfste die „inakzeptablen Äußerungen“ Kubickis. Dabei dürfte das allgemeine Gefühl in der deutschen Bevölkerung die Ansichten von Kubicki wohl eher teilen, bis auf die in Deutschland lebenden AKP-Anhänger, die aus sicherer Entfernung treu zu ihrem Präsidial-Diktator stehen. Und das wirft nun die Frage auf, ob, wie und unter welchen Umständen man einen ausländischen Politiker beleidigen darf. Vor allem dann, wenn die Beleidigungen zutreffend sind.

Wie ist das jetzt mit einem Putin, einem Kim Jong-un, einem Lukaschenko, einem Assad, einem wie-sie-auch-alle-heißen? Wie darf man diese Herren bezeichnen? Darf man sagen, was man wirklich denkt? Wie ein Jan Böhmermann? Oder ein Wolfgang Kubicki? Wo sich doch die genannten (und nicht genannten, aber ebenso gemeinten) permanent solche Beleidigungen verdienen?

Eigentlich darf man es nicht. Professor Dr. Helmut Satzger von der LMU München erinnert in seiner Publikation „Strafbare Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts durch politische Satire? – Was kann Deutschland aus dem Fall Böhmermann lernen?“ allerdings an die (kaum angewendeten) Paragrafen 103 und 104 des Strafgesetzbuches. Während §103 besagt „Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt… beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ §104a definiert allerdings die Anwendungs-Voraussetzungen, von denen die wichtigste die letzte ist: Das Gesetz kommt nur zur Anwendung, wenn […] die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.“ Und das impliziert, dass die Bundesregierung diese Ermächtigung auch verweigern kann.

Gehen wir also mal davon aus, dass Wolfgang Kubicki an die sympathische und mit gastronomischem Talent gesegnete Kanalratte Remy gedacht hatte, als er von Erdogan gesprochen hat. Und damit wäre es dann auch gut, oder?

1 Kommentar zu Darf man Erdogan eine „Kanalratte“ nennen?

  1. Ja er ist ein dreckiger großer Kanalratte

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