Das 12. europäische Sanktionspaket gegen Russland
Das Ganze ist wohl eher symbolisch gemeint, denn auch das 12. Sanktionspaket gegen Russland wird Putin kaum in die Knie zwingen. Und man merkt, dass die 11 vorherigen Pakete nichts oder kaum etwas bewirkt haben.
(KL) – Brüssel ist stolz. Die EU hat sich zum 12. Sanktionspaket durchgerungen, doch wenn man die Maßnahmen dieses Pakets anschaut, dann liest man vor allem, auf welchen Ebenen wir seit Februar 2022 und dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine weiter Geschäfte mit dem Kreml-Fürsten gemacht haben und damit weiter und fortlaufend dessen Krieg finanziert haben. Daran wird auch dieses 12. Paket nicht viel ändern.
So wurde jetzt beschlossen, in „enger Zusammenarbeit mit den G7-Staaten“, keine Diamanten mehr aus Russland zu importieren. Was nicht viel mehr bedeutet, als dass wir seit Februar 2022 weiter russische Diamanten importiert haben. Und es ist kaum anzunehmen, dass die russischen Diamantenhändler und europäischen Diamantenkäufer nicht in der Lage sein werden, Umwege für die Fortführung ihrer Geschäfte zu finden. Dafür haben sie netterweise auch bis März 2024 Zeit, denn vorher soll dieses Importverbot nicht gelten. Gleiches gilt für russisches Öl, das nicht mehr aus Pipelines sprudelt, sondern in der Türkei und Indien raffiniert und dann per Tanker nach Europa transportiert wird. Der einstmals definierte europäische „Preisdeckel“ ist das Papier nicht wert, auf dem er steht, da Moskau weiterhin den Preis für sein Öl bestimmt und auch bekommt. Aber jetzt, im Rahmen des 12. Sanktionspakets, will man das viel genauer kontrollieren. Großes europäisches Pfadfinder-Ehrenwort.
Über 140 weitere Personen und Organisationen werden auf eine Liste eingetragen, überwiegend Personen in Zusammenhang mit der russischen Armee und der Militärindustrie, deren Vermögen in der EU eingefroren werden sollen. Interessant wäre es zu erfahren, wieviele dieser Personen fast zwei Jahr nach Beginn des Kriegs und der Sanktionen so dumm sind, dass sie noch Guthaben bei Banken in der EU haben. Allzu viele können das auch nicht mehr sein. Und dass Personen, die zuletzt die „Wahlen“ in Russland vorbereitet haben, jetzt nicht mehr in die EU reisen dürfen, ist eine Sache. Eine andere ist, wie viele dieser Personen überhaupt noch nach Europa reisen wollen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Personen, die bei der Entführung und „Umerziehung“ ukrainischer Kinder involviert waren. Abgesehen davon, dass auch diese Personen kaum Urlaub an der Côte d’Azur machen werden, haben sie ja noch die Möglichkeit, ihren Urlaub in der Türkei oder am Plattensee in Ungarn zu verbringen, wo sie weiterhin herzlich willkommen sind. So richtig kriegsentscheidend dürften auch diese Maßnahmen kaum sein.
Eine der „Sanktionen“ klingt ebenso wie die Maßnahmen, die Putin gegen seine eigene Bevölkerung in Kraft gesetzt hat und betrifft Personen, „die Falschinformationen und Propaganda über den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verbreiten“. In der Praxis bedeutet das, dass beide Seiten ihre gegenseitige Propaganda verbieten. Wie wirkungsvoll so eine „Sanktion“ sein wird, bleibt dahingestellt…
Auch der Umstand, dass man nun keine Metall-Produkte oder Produkte zur Stahlherstellung oder Fertigprodukte aus Aluminium mehr aus Russland importieren will, zeigt eigentlich nur, dass wir genau das seit fast zwei Jahren trotz des Krieges weiterhin getan haben.
Und umgekehrt sollen künftig keine Technologie- und Industrieprodukte mehr nach Russland exportiert werden, die einer doppelten Nutzung zugeführt werden können. Auch diese „Sanktion“ bedeutet nur, dass wir solche Produkte trotz des Überfalls auf die Ukraine weiterhin nach Russland verkauft haben. So lernt man mit einer gewissen Überraschung, dass wir seit Februar 2022 weiterhin Gleichstrom- und Servomotoren für unbemannte Fluggeräte nach Russland geliefert haben. Im Klartext: Wir haben die Motoren für russische Dronen geliefert, die auf die Ukraine abgefeuert werden. Da ist es ja nett, dass wir der Ukraine auch die Luftabwehr zur Verfügung stellen, mit der man diese Dronen weitgehend abfangen kann.
Betroffen vom 12. Sanktionspaket ist auch Unternehmens- und Entwicklungssoftware. Drücken wir mal die Daumen, dass die Russen nicht auf die Idee gekommen sind, die bis dato gelieferte Software zu kopieren und weiterhin zu nutzen.
Wie viele russische Guthaben russischer Bösewichte noch auf EU-Banken liegen, kann man nur raten. Und dazu muss man hoffen, dass die betroffenen Russen ihre Guthaben nicht in die Schweiz oder gleich auf andere Kontinente ausgelagert haben. Ein russischer Bösewicht, der dies in den letzten beiden Jahren in dieser Situation versäumt hat, hat allerdings auch nichts anderes verdient, als dass seine Guthaben auf EU-Banken eingefroren werden, um sie europäischen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die in Russland geschädigt oder enteignet wurden.
Ob sich der Krieg dadurch für die Ukraine gewinnen lässt, dass nun beschlossen wurde, dass Personen, die auf den Sanktionslisten stehen, auch dann nicht gestrichen werden, wenn sie sterben, wird man abwarten müssen.
Wie wirksam das „genauere Beobachten“ des per Tanker verschifften Öls und die Einhaltung des „Preisdeckels“ sein wird, wird sich zeigen. Bislang beachtet kaum jemand diesen „Preisdeckel“, sondern man zahlt an Russland das, was Russland verlangt. Und ob das Verbot des Imports von russischem Flüssiggas (GPL) tatsächlich eingehalten wird, muss sich zeigen – bislang importiert man in der EU 30 % mehr GPL aus Russland als vor Ausbruch des Kriegs.
Auf jeden Fall hat man nun vor, in allen diesen Bereichen viel schärfer hinzuschauen und das wirft natürlich die Frage auf, warum man das seit zwei Jahren nicht auch schon bei den Sanktionspaketen 1 bis 11 getan hat. Die Liste dieser Sanktionen, die heute stolz von der EU präsentiert werden, zeigen in erster Linie schonungslos auf, wie wir seit fast zwei Jahren unseren finanziellen Beitrag zum russischen Krieg in der Ukraine leisten. Diejenigen Sanktionen, die eventuell das Potential hätten, Putin ein klein wenig zu ärgern, wie das Verbot des Imports von Diamanten, sollen wie gesagt erst im März in Kraft treten, was den Beteiligten genug Zeit lässt, sich ähnlich wie für Öl und Flüssiggas anders zu organisieren.
Mit diesen Sanktionen wird Russland seinen Krieg sicher nicht verlieren. Aber wie eingangs gesagt, geht es wohl eher um die Symbolik und darum, dass man behaupten kann, man würde alles dafür tun, dass Putin seinen Krieg nicht gewinnt. Die Nachrichten von der Front sprechen allerdings eine ganz andere Sprache.
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