Das 3. Treffen zwischen Eurodistrikt-Politikern und Bürgern

Zum dritten Mal trafen sich in Straßburg Mitglieder des Eurodistrikt-Rats mit Bürgerinnen und Bürgern, um gemeinsam über den Eurodistrikt Straßburg – Ortenau zu sprechen. Vielleicht kommt dieses Mal etwas dabei heraus.

Auch bei diesem Treffen wurde deutlich, dass sich die Menschen sehr wohl für die grenzüberschreitende Dimension am Oberrhein interessieren. Foto: Gérard Bouquet

(KL) – Gestern fand das 3. Treffen „Bürger treffen Politiker“ des Eurodistrikts Straßburg – Ortenau statt. Diesen Dialog gab es bereits zweimal in den letzten Jahren und auch dieses Jahr war der Zulauf groß. Das wäre dann auch schon mal die erste bemerkenswerte Feststellung – der Eurodistrikt ist nicht halb so tot, wie ihn viele sehen, wenngleich auch noch nicht halb so lebendig, wie er sein könnte. Totgesagte leben länger… Wer weiß, vielleicht platzt dieses Mal der Knoten?

Seit über 10 Jahren läuft der Eurodistrikt Straßburg – Ortenau der schweren Mission hinterher, die ihm seine Gründungsväter, der französische Präsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder mit auf den Weg gegeben haben. Ein „europäisches Laboratorium“ soll der Eurodistrikt sein, eine Quelle der Innovation, ein europäisches Leuchtturmprojekt. Das zumindest taten die beiden kund, als sie diese grenzüberschreitende Einrichtung anregten und ins Leben riefen.

Nur, die Gründungsväter hatten eines nicht bedacht. Wenn man eine grenzüberschreitende Verwaltung ins Leben ruft, hat diese nicht nur mit einer nationalen Verwaltung zu tun, sondern muss sich gleich mit zwei völlig inkompatiblen Verwaltungen herumärgern, die beide auch noch völlig unterschiedliche Anforderungen stellen, die kaum zu bewältigen sind. Und mit „europäisches Laboratorium“ hatten Chirac und Schröder sicher nicht den Test gemeint, wie lange man es aushält, sich mit diesem doppelten Verwaltungsmonster zu arrangieren. Dass man dies nicht so ewig lang aushält, zeigt die hohe Personalfluktuation im Generalsekretariat des Eurodistrikts. In den letzten Jahren wurde ständig das Personal ausgetauscht und alle wunderten sich, warum sich das Konstrukt nur schleppend entwickelte. Kurz – es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, hätten die Gründungsväter den Biss gehabt und hätten dem Eurodistrikt gleich eine Ausnahmeregelung in die Wiege gelegt – dann wäre man bis heute sicher bedeutend weiter gekommen.

Dass die „Gründungsväter“ diesen Eurodistrikt nicht schlagkräftiger aufstellten, hatte einen Grund. Denn weder Jacques Chirac, noch Gerhard Schröder wussten so richtig, was sie taten, als sie den Eurodistrikt im Rahmen der 50-Jahr-Feier des Elysee-Vertrags gründeten. Jemand, der es wissen muss, weil er dabei war, vertraute uns vor vielen Jahren an, dass die Entstehung des Eurodistrikts einer Verkettung von Zufällen geschuldet war.

Im Vorfeld des 50. Jahrestags des Eurodistrikts war klar, dass eine symbolische Vereinbarung getroffen werden sollte. Nur, so erzählte uns dieser ehemalige Berater von Jacques Chirac, es fehlte an guten Themen. Der Zufall wollte, dass ein Kabinettsmitglied und ein Berater an einem „Eurodistrikt-Konzept“ gearbeitet hatten, das sie nun aus der Schublade zaubern und in diesen neuen „Elysee-Vertrag“ einfließen lassen konnten. Und da niemand so genau wusste, was es damit auf sich hatte, blieb der Passus über die Gründung des Eurodistrikts (und vieler weiterer Eurodistrikte in der Folge) eben im Vertrag stehen und beide Kabinette freuten sich, etwas Unverbindliches und doch so nett Klingendes im Vertrag stehen zu haben. Dieser wurde unterzeichnet und damit war der Eurodistrikt plötzlich da, wie vom Himmel gefallen. Und niemand wusste so recht, was man damit anfangen soll. Soviel zur Entstehungsgeschichte des Eurodistrikts.

Und was ist nun mit diesen Begegnungen zwischen Abgeordneten und Bürgerinnen und Bürgern? Richtig, am Donnerstag fand das dritte Treffen dieser Art statt und wie bei den ersten beiden Veranstaltungen dieser Art, kann man sich über den hohen Zuspruch der Bürger nur wundern. Erwarten die Menschen vielleicht doch noch etwas von dieser grenzüberschreitenden Behörde? Ist die Hoffnung auf grenzüberschreitende Realitäten höher als die Frustration nach 10 Jahren erfolgloser Versuche? Die Antwort lautet: ja!

Das Interesse an dieser grenzüberschreitenden Einrichtung ist groß und wird weiter wachsen – spätestens, wenn die Straßburger Tram 2017 nach Kehl fährt, denn dann wird die gemeinsame Perspektive auf eine gemeinsame Region noch deutlicher und wichtiger werden.

Ein kleiner Tipp an die Verantwortlichen. Nach den ersten beiden Veranstaltungen dieser Art dauerte es 18 Monate, bis ein Bericht mit den gesammelten Vorschlägen und Anmerkungen veröffentlicht wurde. Anderthalb Jahre, das ist im Verwaltungsbereich ein Klacks, im richtigen Leben aber eine Ewigkeit. Um zu demonstrieren, dass sich wirklich etwas im Eurodistrikt geändert hat, wäre es wichtig, dass es dieses Mal deutlich schneller geht und vor allem, dass die eine oder andere Anregung aus der Zivilgesellschaft auch von den Verantwortlichen aufgenommen und umgesetzt wird. Wenn das gelingt, könnte dem Eurodistrikt tatsächlich ein Neustart gelingen. Und das wäre genau das, was sich die Menschen im Eurodistrikt auch wünschen würden.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste