Das CETA-Abkommen mit Kanada – Warmlaufen für das TTIP

Das ebenso wie das TTIP hinter verschlossenen Türen verhandelte Freihandelsabkommen mit Kanada CETA ist der nächste Schritt in Richtung TTIP.

Braucht Europa wirklich ein Freihandelsabkommen mit Kanada? Um zollfrei Ahornsirup zu importieren? Foto: Dvotygirl / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Niemand käme auf die Idee, am Handel mit Kanada etwas Schlechtes zu sehen. Immerhin, Kanada, das ist wie ein Stückchen Europa auf dem amerikanischen Kontinent. Die Geschwindigkeit wird dort in km/h und nicht in Meilen gemessen, die allermeisten Menschen in Kanada habens europäische Vorfahren und Kanada ist in der Weltgeschichte noch nie so richtig negativ aufgefallen. Was also soll schlecht daran sein, eine Freihandelszone zwischen Europa und Kanada zu schaffen?

Stimmt. Mit Kanada Geschäfte machen ist in Ordnung. Vor allem, wenn man an die kanadischen Exportschlager wie Ahornsirup denkt, bei deren Handel ja eigentlich gar keine Sauereien möglich sind. Weit gefehlt. Das CETA-Abkommen, dessen letzte Rohversion blöderweise an die Öffentlichkeit gedrungen ist (und das sie in seiner ganzen epischen Breite auf über 500 Seiten lesen können, wenn Sie HIER KLICKEN), ebnet den Weg für eine Art unfreundliche Übernahme der europäischen Wirtschaft durch die USA. Denn wenn das CETA durchgeht, dann geht auch das TTIP durch und täglich wird rätselhafter, warum man ohne Not und ohne vorgehaltene Waffe ein solch undemokratisches und negatives Abkommen verhandeln und unterzeichnen sollte.

Ebenso wie das TTIP, zu dessen Inhalten noch herzlich wenig bekannt ist, führt das CETA-Abkommen einige Neuerungen ein, mit denen das internationale Demokratieverständnis einfach ausgehebelt wird. Waren wir nicht immer so stolz auf unseren Rechtsstaat? Warum akzeptieren wir dann, dass Streitigkeiten, bei denen sich kanadische Unternehmer in irgendeiner Form auf dem europäischen Markt benachteiligt fühlen, nicht etwa vor ordentlichen Gerichten, sondern vor einer Schlichtungsstelle entschieden werden, wobei es gegen deren Entscheidungen nicht einmal mehr ein Rechtsmittel gibt?

Auch das Kapitel zu möglichen Enteignungen gibt zu denken. Nach der Prämisse, dass es keine Enteignungen von Besitz des jeweils anderen Partners geben soll, kommt die Liste der Ausnahmen, die faktisch mehr oder weniger jede Enteignung ermöglicht.

Es wird immer unklarer, warum es diese Abkommen geben muss und warum die Europäer akzeptieren, dass im Rahmen dieser beiden Abkommen Errungenschaften geopfert werden, für die Europa Jahrhunderte lang kämpfen musste. Die Art der geheimen Verhandlungsführung ist ein Anachronismus, der nicht in die Zeit nach der Technologischen Revolution passt. Dieselben Politiker, die in ihren Wahlkämpfen mit Begriffen wie “Transparenz” und “Europa der Bürger” um sich werfen, verhandeln im Geheimen und lassen sich offensichtlich von den Verhandlungspartnern so unter Druck setzen, dass sie am liebsten am Ende des Prozesses nur ein Ergebnis präsentieren – nämlich erst das CETA- und dann das TTIP-Abkommen.

Beide gilt es zu verhindern. Denn sie stellen nicht nur eine Gefährdung der Souveränität der europäischen Wirtschaft dar, sondern auch eine Bedrohung für unsere demokratischen Grundwerte. Und unter uns – wer bei den nächsten Wahlen noch einmal für diejenigen stimmt, die diesen Unsinn verzapfen, der hat tatsächlich genau die Politiker verdient, die heute am Ruder sind. Nur beschweren sollte sich dann niemand mehr, wenn diese Leute Europa, die europäische Idee, europäische Grundwerte und die europäische Wirtschaft an die Wand gefahren haben. Wir haben es ihnen erlaubt.

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