Das Eigentor des Jean-Pierre Masseret

Der sozialistische Kandidat für die Regionalwahlen in Ostfrankreich Jean-Pierre Masseret tritt auch in der Stichwahl am Sonntag an – und verhilft damit eventuell den Rechtsextremen zum Erfolg.

Die Argumente, mit denen der Sozialist Masseret ausgerechnet den Rechtsextremen hilft, sind reichlich schwach... Foto: Pascal Himmelsbach / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – 71 der 191 Kandidaten auf der Wahlliste der Sozialisten (PS) in Ostfrankreich wollten sich nach dem katastrophalen Ergebnis des ersten Wahlgangs am letzten Sonntag (16,11 %) von der Stichwahl zurückziehen, um gemeinsam mit den Konservativen („Les Républicains“) einen Erfolg des rechtsextremen Florian Philippot (FN) zu verhindern. Doch hätten 85 Kandidaten auf diese Stichwahl verzichten müssen, um die sozialistische Liste ungültig zu machen. Somit tritt der starrköpfige Spitzenkandidat Jean-Pierre Masseret nun doch am kommenden Sonntag zur Stichwahl an und könnte damit nicht nur zum Steigbügelhalter für die Rechtsextremen, sondern auch zum Totengräber der Sozialisten in Ostfrankreich werden.

Dass es den politischen „Schwergewichten“ der Sozialisten im Elsass nicht leicht fällt, eine Wahlempfehlung für den Konservativen Philippe Richert abzugeben, wie es der Straßburger OB Roland Ries, der Präsident der Eurometropole Robert Herrmann, die frühere Ministerin und große Dame der elsässischen Politik Catherine Trautmann und viele andere getan haben, ist klar. Doch geht es jetzt für die Sozialisten nicht mehr darum, eigene Vorstellungen von Politik im Tagesgeschäft der Regionen durchzusetzen, sondern einzig und allein darum zu verhindern, dass die europäischste aller französischen Regionen in die Hände von fremden- und europafeindlichen Rechtsextremisten fällt.

Die liegen nämlich nach dem ersten Wahlgang mit über 36 % weit vorne in der Wählergunst (die „Republikaner“ liegen knapp 11 % dahinter) und eine Stichwahl zu dritt, die „Triangulaire“, dürfte aller Voraussicht nach den Rechtsextremen Florian Philippot an die Spitze der ostfranzösischen Region spülen. Dass Jean-Pierre Masseret angesichts dieser Umstände nicht das Wohl seiner Region im Blick hat, sondern sich offenbar nur dafür interessiert, sein eigenes Pöstchen zu retten, disqualifiziert den Mann eigentlich für jedes weitere politische Amt.

Natürlich kann Masseret den Wählern des linken Spektrums nicht „zwingen“, für seine Formation zu stimmen und viele, viele Wählerinnen und Wähler der PS werden für den konservativen Kandidaten stimmen, um den Rechtsextremen zu verhindern, doch könnte die Wahl so knapp ausfallen, dass genau die Stimmen, die dann doch auf Masserets Liste entfallen, Philippot zum Sieg verhelfen. Was dann zu der geradezu perversen Situation führen würde, dass ein sozialistischer Kandidat zum Wahlhelfer der Rechtsextremen wird.

Als Argument für seine starrköpfige Haltung führte Masseret an, dass er nicht wolle, dass im künftigen Regionalrat keine sozialistischen Abgeordneten sitzen. Angesichts der Rollenverteilung in der französischen Politik, in der eine Opposition im Grunde keinerlei Sichtbarkeit, keinerlei Einfluss und keinerlei Gestaltungsmöglichkeit hat, ist dies ein sehr schwaches Argument. Vor allem, wenn man den Preis anschaut, den Ostfrankreich für das „Vergnügen“ zahlen müsste, dass ein paar Sozialisten in einem von den Rechtsextremen Regionalrat sitzen.

Jetzt sind die Wählerinnen und Wähler in Ostfrankreich gefragt – sie alleine entscheiden, ob künftig ein kalter, brauner Wind in ihrer Region einziehen soll oder ob sie noch mal die Kurve kriegen und die Macht nicht in die Hände der Rechtsextremen legen. Und die gleichen Wählerinnen und Wähler werden sich bei den nächsten Wahlen daran erinnern, dass ein sozialistischer Spitzenkandidat kein Problem damit hatte, ihre Region zu opfern, um selber einen warmen Sessel zu behalten. Der Schaden, den Jean-Pierre Masseret für seine Partei und seine Region verursacht hat, dürfte erst in einiger Zeit richtig einzuordnen sein. Aber er ist jetzt schon enorm.

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