Das Elsass hat die Gebietsreform noch nicht ganz verdaut

Abgesehen vom schwachen Zulauf der Autonomisten-Demonstration am Samstag in Straßburg, hat das „Collectif Alsace“ einen ziemlich lächerlichen Song produziert.

Ein paar Leute im Elsass haben immer noch nicht geschnallt, dass man nach der Gebietsreform nicht Riesling und Champagner zusammenschütten muss... Foto: Paralacre / Wikimedia Commons / CC0

(KL) – Dass ein paar Ewiggestrige immer noch Angst haben, dass nach der längst beschlossenen Gebietsreform, in deren Rahmen die Verwaltungen des Elsass, von Lothringen und der Champagne-Ardenne zu einer neuen ostfranzösischen Großregion zusammengelegt werden, der Verzehr von Sauerkraut ebenso verboten werden könnte wie der elsässische Dialekt, das kann man gerade noch verstehen. Dass aber junge Leute ähnlichen Blödsinn verzapfen, das ist schon starker Tobak. Wie das „Collectif Alsace“, das einen Song auf Youtube veröffentlicht hat, der nett anzuhören ist, aber dessen Text von einer haarsträubenden Verbohrtheit ist. Und wie so ziemlich alles, was die Autonomisten so anzubieten haben, reichlich weit am Thema vorbeigeht.

Der Song „Alsassinnée“, ein Wortspiel, das sich aus den Wörtern „Alsace“ und „assassinnée“ (ermordet) zusammensetzt, ist so unendlich kontraproduktiv, dass man sich fragen muss, was dieses Kollektiv mit dem Song eigentlich beabsichtigt. Denn der Song ist so etwas wie ein Abgesang auf das Elsass. Immerhin behaupten die „Künstler“, dass „nun nichts mehr übrig bleibt“, von dieser „lebendigen Weinbauregion, der Region der großen Weine, des Hopfens, des Sauerkrauts und des Weins“ – von dem das Kollektiv offenbar reichlich genossen hat, denn immerhin wird der Wein alleine in dieser Textzeile dreimal wiederholt – als ob der elsässische Weinbau nach der Gebietsreform nicht mehr existieren würde. Warum nach einer reinen Verwaltungsreform davon nichts mehr übrig bleiben soll, das wissen wohl nur die Mitglieder dieses Kollektivs.

Je, je länger der Song dauert, desto unerträglicher wird der Text, der davon schwadroniert, dass das Elsass nun seinen Stolz verloren habe, ebenso wie seine Rechte und dass es nun eine Narbe trägt, die für immer sichtbar bleiben wird. Na dann. Öl auf die Mühlen der schrägen Autonomisten, die bis heute noch nicht so genau sagen können, was sie mit Parolen wie „Elsass frei“ und ähnlichem Blödsinn eigentlich genau meinen.

Da die jungen Mitglieder dieses Kollektivs das offenbar noch nicht richtig mitbekommen haben – nein, auch nach der Gebietsreform darf man im Elsass Sauerkraut essen und auch die hübschen Fachwerkhäuser, von denen laut Songtext „nichts mehr übrig ist“, müssen nicht abgerissen werden. Und man darf auch weiterhin den elsässischen Dialekt sprechen – zu dem es aber für den Song nicht gereicht hat: Der Song ist in lupenreinem Französisch gesungen. Seltsam für ein Kollektiv, dass sich die elsässische Identität auf die Fahne geschrieben hat, die es um jeden Preis zu verteidigen gilt. Und den die „Künstler“ wohl nicht gut genug beherrschen, um diesen unsäglichen Song auf Elsässische zu präsentieren.

Seltsam ist ebenfalls, dass der Autor dieses Textes gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte, dass „man in diesem Song nichts Polemisches sehen sollte, da es sich nur um ein Kunstprojekt handelt“. Was die ganze Nummer noch etwas blöder macht. Denn wenn das keine Polemik ist, dann sollte man noch einmal den Begriff „Polemik“ definieren.

Während sich das Elsass langsam daran macht, sich für die neue Großregion aufzustellen, wirbeln immer noch seltsame Gestalten durchs Elsass und versuchen, das Rad der Zeit zurück zu drehen. Was das bringen soll, ist unklar – das einzige, was diese Polemik erreichen kann, ist es, den Autonomisten und Rechtsextremen bei den kommenden Departementswahlen in die Karten zu spielen. Aber das ist vermutlich genau das, was diese Leute wollen. Kleinkarierter geht es kaum noch – bleibt zu hoffen, dass diese „Kunstprojekt“ nicht auch noch mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde…

4 Kommentare zu Das Elsass hat die Gebietsreform noch nicht ganz verdaut

  1. Un lien histoire de rappeler que l’hystérie “régionaliste” (nationalisme de région) est au moins aussi forte chez les élus Lorrains, qui veulent “bouffer” de l’alsacien :
    http://tout-metz.com/motion-alca-sillon-lorrain-mars-2015-9076.php#comment-131962
    Merci qui?

  2. Das man die Wünsche der Menschen nicht berücksichtigt, ist
    fast schon selbstverständlich. Europa wird unsympatischer.
    Auch wenn eurobezahlte Autoren alles schönreden. Auch sie sind
    unsympathische Anpassertypen.

    • Kai Littmann // 13. März 2016 um 11:11 // Antworten

      Nur mal so als Frage – wen meinen Sie denn mit “eurobezahlten Autoren”?

      • Karl-Heinz Völker // 1. Juni 2018 um 9:31 // Antworten

        Ich befürchte, Frau Hilde meint z.B. Sie!
        Schöne Grüße in den Grand Est aus dem Fernen Osten :-)

        Schade, dass Ihre engagierten Artikel nur wenig Resonanz finden

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