Das Elsass zwischen Links- und Rechtsextremen

Bei der Europawahl hat das Elsass sehr seltsam gewählt. Während die großen Städte linksextrem gewählt haben, hat sich der ländliche Raum für die Rechtsextremen entschieden.

Die Ergebnisse der Europawahl im Elsass zeigen einen gefährlichen politischen Antisemitismus in den Städten. Foto: domdomegg / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Europawahl hat im Elsass zu überraschenden Ergebnissen geführt. Entgegen aller nationalen Trends haben die Städte Straßburg und Mulhouse die linksextreme und klar antisemitische „La France Insoumise“ (LFI) zur stärksten Partei gewählt, während der ländliche Raum das rechtsextreme „Rassemblement National“ auf den ersten Platz gehievt hat. Diese Ergebnisse sollten sorgfältig analysiert werden, denn sie stellen einen tiefen Bruch zwischen Stadt und Land im Elsass dar. Und sie lassen bereits heute die gesellschaftlichen Spannungen von morgen erahnen.

Im Departement Bas-Rhin entsprechen die Ergebnisse in etwa den nationalen Ergebnissen. Das „Rassemblement National“ kommt auf 31,55 %, die Liste der „Macronie“ erreicht 16,59 %, die linke Liste PS/PP erhält 11,86 % und die linkextreme Liste LFI landet bei 9,08 %. Die Grünen, die immerhin in Straßburg die Stadtregierung stellen, werden mit 5,46 % abgestraft. Da sieht auf den ersten Blick alles „normal“ aus, mehr oder weniger im Bereich der landesweiten Ergebnisse. Doch ist interessant, dass in der größten Stadt des Elsass alles anders ist.

In Straßburg ist die LFI mit 21,28 % die stärkste Partei, und für die starke jüdische Gemeinde in der Europahauptstadt ist der Erfolg der antisemitischen LFI, die es bis heute nicht geschafft hat, die Terror-Attentate vom 7. Oktober 2023 zu verurteilen und sich immer wieder solidarisch mit der Hamas zeigt, ein Anlass zu großer Sorge. Denn in den sogenannten „Problem-Vierteln“ mit einem hohen Anteil moslemischer Mitbürger, erreicht die LFI in einzelnen Wahlbüros Ergebnisse von bis zu 60 % – der Antisemitismus hat seine politische Stimme, die in Straßburg die stärkste politische Kraft ist. Dass in der Europahauptstadt die linke Liste PS/PP auf 18,20 % kommt, während sowohl das „Rassemblement National“ (14,16 %) als auch die „Macron-Liste“ (14,99 %) keine herausragende Rolle spielen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in Straßburg der Antisemitismus fest in der Stadt etabliert hat. Dass die Grünen in einer von den Grünen regierten Stadt mit 9 % eine herbe Schlappe erlitten haben, wird dabei zur Randnotiz.

Ähnlich sieht es im Departement Haut-Rhin aus. Hier liegen im Gesamtergebnis die rechten Parteien etwas über dem Landesergebnis, das „Rassemblement National“ mit 35,97 %, die „Macron-Liste“ mit 15,29 %, während die linken Parteien alle unter ihrem landesweiten Ergebnis liegen. PS/PP 10,18 %, LFI 7,71 % und die Grünen landen sogar unter der 5 %-Grenze, mit 4,74 %. Ein für das eher konservative Departement eigentlich ein Ergebnis, das nicht überrascht.

Doch auch in der größten Stadt des Departements Haut-Rhin Mulhouse kommt es zum gleichen Ergebnis wie in Straßburg – der politische Antisemitismus der LFI gewinnt mit 23,08 % der Stimmen. Hier liegt das „Rassemblement National“ mit 22,55 % der Stimmen auf Platz 2, vor der „Macron-Liste“ mit 13,54 %, der PS/PP mit 12,40 %, während die Grünen auch hier nur auf 5,22 % kommen.

Zwar fallen die Ergebnisse aus Straßburg und Mulhouse für das Gesamtergebnis der Departements nicht sonderlich ins Gewicht, doch ist der Erfolg einer „antisemitisch-linksextremen“ Partei bedenklich, vor allem, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig die Grünen implodieren.

Die Reaktionen aus der jüdischen Gemeinde waren entsprechend geschockt. In Straßburg fragen sich viele Mitglieder der jüdischen Gemeinden, wie sicher es noch ist, in dieser Stadt zu leben und in Mulhouse klingt es nicht anders. Dass die LFI, die landesweit knapp unter 10 % landete, mit ihrem Antisemitismus in den Städten solche Erfolge erzielen kann, ist ein Zeichen, dass Frankreich tatsächlich auf dem Weg zu einer „République de Weimar 2.0“ ist. Wer dieses Problem heute kleinredet, macht sich mitschuldig an dem, was morgen unseren jüdischen Mitbürgern passiert.

In Deutschland haben wir eine solche Entwicklung in den frühen 30er Jahren erlebt und wir wissen, wohin ein politisch organisierter Antisemitismus führt. Die nun anstehenden vorgezogenen Parlamentswahlen werden sowohl den Links- wie auch den Rechtsextremen weiter Aufwind geben, und diese höchst gefährliche Entwicklung liegt in erster Linie an der überstürzten Auflösung des Parlaments und den Neuwahlen, mit denen Macron hofft, seine eigentlich schon gescheiterte politische Karriere 2027 wieder anheizen zu können. Frankreich spielt heute die Ereignisse in Deutschland in den frühen 30er Jahren nach und weigert sich konsequent, diese Entwicklung wahrzunehmen. Für „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät, der Weg in eine neue Katastrophe ist längst eingeschlagen.

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