Das Elsass zwischen Macron, NUPES und Rassemblement National

Nach dem ersten Wahlgang der Parlamentswahlen am Sonntag kommt es am nächsten Wochenende zu den Stichwahlen. Wir stellen hier die Duelle in der Stichwahl vor.

Die Parlamentswahlen in Frankreich entscheiden sich erst nächsten Sonntag.Foto: Ministère de l'Intérieur / Wikimedia Commons / OGL

(KL) – Der erste Wahlgang der französischen Parlamentswahlen zeigt schonungslos den Zustand der französischen Demokratie auf. Mit einem überholten Wahlsystem leistet es sich das Land, bis zu 49 % der tatsächlichen Wähler von einer parlamentarischen Vertretung auszuschließen. Nämlich all diejenigen, die nicht für den jeweiligen Gewinner eines Wahlkreises gestimmt haben. Angesichts der Tatsache, dass rund 60 % der Wählerschaft gar nicht erst wählen gegangen sind, muss man davon ausgehen, dass diejenigen, die am Ende gewählt werden, nur einen Bruchteil der Wahlberechtigten hinter sich vereinen konnten. Dieses anachronistische Wahlsystem muss dringend reformiert werden, bevor sich die Franzosen endgültig von der Politik verabschieden. Hier die Duelle des zweiten Wahlgangs am kommenden Sonntag.

Bas-Rhin:

Wahlkreis 1. Die Kandidatin des linken Wahlbündnisses NUPES Sandra Regol führt mit 38,07 % der Stimmen und wird sich im zweiten Wahlgang mit dem Macron-Kandidaten Alain Fontanel (28,88 %) messen. Einmal mehr zeigte sich, dass die Unterstützung früherer Politikgrößen wie des früheren Straßburger OBs Roland Ries nicht etwa ein Vorteil, sondern für Fontanel geradezu ein Nachteil ist. Tendenz: Ganz klar die Kandidatin von NUPES.

Wahlkreis 2. Auch hier kommt es zum Duell Macron-Kandidat gegen NUPES-Kandidat und ebenso wie in Wahlkreis 1 ist der Macron-Kandidat in Schwierigkeiten. Offiziell ist Sylvain Waserman (30,82 %), der in der letzten Legislaturperiode einer der Vize-Präsidenten der Nationalversammlung war, zwar in der eher im Zentrum angesiedelten Partei „MoDem“, doch hat sich diese komplett dem Präsidenten unterworfen und in der Konsequenz machen die Wählerinnen und Wähler Waserman für die vielen Probleme der „Macronie“ in den letzten Jahren verantwortlich. Sein Gegner, der NUPES-Kandidat Emmanuel Fernandes, führt deutlich mit 36,89 % im ersten Wahlgang.

Wahlkreis 3. Wie in den anderen Straßburger Wahlkreisen kommt es auch hier zur Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Macron-Partei und einem NUPES-Kandidaten. Amtsinhaber Bruno Studer kommt auf 34,75 %, sein NUPES-Herausforderer Sebastien Mas auf 30,82 %.

Wahlkreis 4. Auch hier das gleiche Bild. Die Macron-Kandidatin Françoise Buffet (31,38 %) steht in der Stichwahl nächsten Sonntag einer NUPES-Kandidatin gegenüber, Imane Lahmeur (17,15 %). Hier merkt man, dass außerhalb der städtischen Wahlkreise deutlich konservativer gewählt wird. Interessant: In diesem Wahlkreis wurde der Amtsinhaberin Martine Wonner der Stuhl vor die Tür gestellt.

Wahlkreis 5. Hier kommt es zum ersten Duell zwischen einem Macron-Kandidaten, nämlich Charles Sitzenstuhl (32,62 %) und dem Kandidaten des „Rassemblement National“ (RN, früher „Front National“), Marc Wolff (21,09 %).

Wahlkreis 6. Wie in fast allen ländlichen Wahlkreisen kommt es auch hier zur Stichwahl zwischen der Macron-Kandidatin Louise Morel (25,35 %) und dem RN-Kandidaten Jean-Frederic Steinbach (22,65 %). Das wird ein sehr knappes Rennen…

Wahlkreis 7. Dieser Wahlkreis gehört seit vielen Jahren dem Abgeordneten Patrick Hetzel (Les Républicains), der 35,01 % im ersten Wahlgang holte. Er sollte keine Schwierigkeiten haben, sich gegen die RN-Kandidatin Valerie Eschenmann (21,31 %) durchzusetzen.

Wahlkreis 8. Ganz oben im Norden des Elsass ist das „Rassemblement National“ ziemlich stark. Der RN-Kandidat Ludwig Knoepffler kommt auf 26,28 % der Stimmen im ersten Wahlgang, die Macron-Kandidatin Stéphanie Kochert auf 24,59 %. Interessant: In diesem Wahlkreis scheiterte die Europaabgeordnete Anne Sander (Les Républicains).

Wahlkreis 9. Wieder ein Duell zwischen dem Macron-Kandidaten und Amtsinhaber Vincent Thiébaut (28,52 %) und dem RN-Kandidaten Laurent Gnaedig (21,96 %). Vincent Thiébaut hatte kurz vor der Wahl die Unterstützung des früheren Premierministers Edouard Philippe erhalten und sich dessen neuer Partei „Horizons“ angeschlossen, also etwas Distanz zwischen sich und Präsident Macron gelegt. Eine Strategie, die sich auszuzahlen scheint.

Haut-Rhin:

Wahlkreis 1: Die frühere Ministerin und Macron-Kandidatin Brigitte Klinkert hat einen Persönlichkeits- und Prominenten-Bonus und kommt auf 34,58 %. Ihr Gegenkandidat von „Les Républicains“) Yves Hemedinger schafft es nur auf 20,57 % und es sieht so aus, als solle Hemedinger wieder einmal eine Wahl verlieren.

Wahlkreis 2. Macron-Kandidat Hubert Ott (28,51 %) tritt in der Stichwahl gegen Jacques Cattin (Les Républicains, 20,69 %) an. Entschieden ist hier aber auch noch nichts.

Wahlkreis 3: Extrem knapp geht es im Wahlkreis des Sundgau zu. RN-Kandidat Christian Zimmermann (20,38 %) steht in der Stichwahl dem Macron-Kandidaten Didier Lemaire (19,66 %) gegenüber, doch ist dieser Wahlkreis absolut offen am kommenden Sonntag.

Wahlkreis 4. Das gleiche Duell findet auch in diesem Wahlkreis statt. Die RN-Kandidatin Marion Wilhelm führt mit 26,19 %, Amtsinhaber Raphael Schellenberger (Les Républicains, 22,25 %) muss zittern, ob er noch einmal wiedergewählt wird.

Wahlkreis 5. Macron Kandidat Olivier Becht (40,31 %) führt hoch vor der NUPES-Kandidatin Nadia El Hajjaji (20,32 %). Hier müsste schon einiges seltsam laufen, dass der Macron-Kandidat am Ende nicht gewinnt.

Wahlkreis 6. Der frühere TV-Moderator und Macron-Kandidat Bruno Fuchs (32,17 %) darf sich Hoffnungen auf ein zweites Mandat machen, es sei denn, die RN-Kandidatin Christelle Ritz (25,25 %) überholt ihn auf der Zielgeraden.

Generell lässt sich feststellen, dass das Elsass, genau wie ganz Frankreich, immer mehr zwischen den Extremen pendelt. Entweder stehen die Macron-Kandidaten rechtsextremen Gegenkandidaten in der Stichwahl gegenüber, oder aber linksextremen Kandidaten in den städtischen Bereichen. Wie immer die Ergebnisse am nächsten Sonntag aussehen – Frankreich stehen politisch ganz schwierige fünf Jahre ins Haus. Und die Frage der demokratischen Legitimierung der von einem Bruchteil der Wahlberechtigten gewählten Abgeordneten wird sich nicht länger unter den Tisch kehren lassen.

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