Das Embargo, das gar keines ist

Das Embargo für Importe russischen Öls wird immer mehr zur Farce. Und einmal mehr zeigt sich, dass ein „Europa der Einstimmigkeit“ ein zahnloser Tiger ist.

Öl aus Schiffen, njet, Öl aus der Pipeline, kein Problem... Foto: Boy Lawson / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Was soll das denn bitteschön für ein Embargo sein? Öl-Importe aus Russland sollen weiterhin über Pipelines möglich sein und der Boykott bezieht sich lediglich auf Lieferungen, die per Schiff erfolgen. Dazu haben nun alle Öl-Kunden in Westeuropa einen Weg gefunden, über die Gazprom-Bank Moskau, wie gewünscht, in Rubel zu bezahlen, was die russische Währung auf den höchsten Stand seit Jahren gebracht hat. War es Ziel der Sanktionen, die russische Wirtschaft zu schwächen, dann ist dies gründlich danebengegangen. Fakt ist, dass der Westen genau das tut, was Putin fordert. Und dazu führen viele westliche Länder weiterhin ihre ganz eigene Politik in Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Ungarn weigert sich, an einen wie auch immer gearteten Öl-Boykott gegen Russland teilzunehmen. Doch statt dass den Ungarn endlich der europäische Stuhl vor die Tür gestellt wird, genehmigt man nun eine dedizierte Pipeline von Russland nach Ungarn, damit das schwarze Gold weitersprudeln kann.

Auch die Slowakei und Tschechien wollen kein solches Öl-Embargo, Serbien schließt gar neue Erdgas-Verträge ab und da muss die Frage gestattet sein, dass wenn der Westen die russische Wirtschaft stärkt und den Krieg gegen die Ukraine damit finanziert, wie ernsthaft es mit den Sanktionen und dem politischen Diskurs wirklich gemeint ist.

Sollte jetzt ein solches, halbherziges Embargo für russisches Öl kommen, dann wird dies Putin wohl kaum in die Knie zwingen, dafür aber in unseren Ländern weiter an der Inflationsschraube drehen. Statt Russlands Wirtschaft zu schwächen, schwächen wir unsere eigene Wirtschaft und schaffen soziale Spannungen, die uns auf Jahre hinaus begleiten werden.

Währenddessen schiebt sich die russische Armee unaufhaltsam weiter in die Ukraine hinein. Gewiss, diese Armee ist alles andere als optimal organisiert, gewiss, die Russen verlieren zahlreiche Scharmützel, doch das hält sie nicht davon ab, unaufhaltsam vorzurücken. Ein sehr großer Streifen der Ostukraine ist inzwischen vollständig unter russischer Kontrolle und irgendwann wird man realistisch mit dieser Situation umgehen müssen.

Dass die ukrainische Armee bis Jahresende die Russen vollständig aus der Ukraine vertrieben haben will, das passt eher in die TV-Serie von Volodomyr Selenski als in die Realität. Doch ist der Ukraine-Krieg keine Soap Opera, sondern ein handfester Krieg, in dem Menschen sterben und das Land Stück für Stück zerstört wird.

Irgendwann werden sich die europäischen Staaten und die internationale Gemeinschaft entscheiden müssen, was sie eigentlich in der Ukraine und von Russland wollen. Momentan basteln alle Länder an eigenen, bilateralen „Lösungen“, die allerdings nichts lösen, sondern die Situation eher noch verschlimmern. Nur – wie soll das alles weitergehen?

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