Das etwas andere Geschäftsmodell

Eine niederländische Supermarktkette macht genau das Gegenteil von dem, was in anderen Ländern passiert – sie lädt ihre Kunden zum Plausch an der Kasse ein.

Nachahmenswert - diese niederländische Kette bietet ihren KundInnen eine "Klatschkasse" - die Entschleunigung des Einkaufs. Foto: Donald Trung Quoc Don / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – In den Niederlanden hat man die Dinge des Lebens schon immer etwas eigen organisiert. Das beweist einmal mehr ein Versuch in der Kleinstadt Vlijmen in der Nähe von s’Hertogenbosch, wo es seit einiger Zeit in einem Supermarkt einer großen Kette eine „Klatschkasse“ („Klatskassa“) gibt – wer sich mit seinen Einkäufen hier einreiht, hat es nicht eilig, denn der Plausch mit der Kassiererin ist ausdrücklich gestattet und sogar gewünscht.

Während in den Supermärkten in anderen Ländern nach und nach das Personal an den Kassen abgebaut wird und die Kunden von genervten Mitarbeitern durch SB-Kassen geschleust werden, mit der Zielsetzung, dass die Supermärkte eines Tages ganz ohne Kassenpersonal auskommen, hat man in den Niederlanden erkannt, dass sich die Gesellschaft ändert, älter wird und mit ganz neuen Problemen zu kämpfen hat, von denen eines die Einsamkeit ist. Studien aus Deutschland und Frankreich zeigen, dass rund 10 % der Bevölkerung zwischen 40 und unendlich unter Einsamkeit leiden und dass diese Einsamkeit sogar krank macht – Depressionen sind eine der häufigen Folgen dieses Phänomens.

Der demographische Wandel in vielen Ländern hat diese niederländische Supermarktkette zu dieser interessanten Idee der „Klatschkasse“ gebracht. Die Klientel von heute und morgen ist älter, verfügt über Kaufkraft und hat andere Bedürfnisse, als schnell durch eine SB-Kasse geschoben zu werden, wo bereits der technische Ablauf des Scannens und Kartenzahlens viele ältere Menschen vor Probleme stellt. Um Kunden langfristig zu binden, ist diese „Klatschkasse“ sicherlich eine sinnvolle Investition, damit diese Kundeschaft oft und gerne wiederkommt.

Mag sein, dass sich hinter dem Pilotprojekt in Vlijmen nur ein nüchternes, kommerzielles Konzept verbirgt – na und? Es sichert Arbeitsplätze an der Kasse und bietet einsamen Menschen die Gelegenheit zu einem kleinen Plausch an der Kasse. Das Kassenpersonal ist weniger gestresst, da der gesamte Ablauf einfach mehr Zeit in Anspruch nehmen darf und die Kundinnen und Kunden fühlen sich als Mensch wahrgenommen. Dazu bietet diese Supermarktkette auch eine „Kaffee-Ecke“ für Senioren in Zusammenarbeit mit einer karitativen Organisation an, so dass der Einkauf tatsächlich zu einer Art sozialem Erlebnis für Menschen wird, die ansonsten alleine und einsam leben.

Wenn dies der Gegenentwurf zu den vollautomatisierten Supermärkten ist, in denen Maschinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ersetzen, die Kunden für den Vorgang des Erfassens und Bezahlens einsetzen (mit dem Versprechen, dass dann alles noch schneller geht), dann ist das eine tolle Idee. Die zusätzlichen Investitionen in Personal dürften sich für diese Kette rentieren – denn die Kundentreue dürfte in diesem Supermarkt deutlich höher als beim unpersönlichen und voll automatisierten Wettbewerb sein.

Bleibt zu hoffen, dass auch andere Supermarktketten in anderen Ländern diesen Trend erkennen und eine Spur Menschlichkeit in ihren kommerziellen Ablauf bringen – und wer keine Lust auf Plausch hat, der geht eben an eine andere Kasse. Und warum kommen immer nur die Niederländer auf solche guten Ideen?

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