Das Europäische Parlament beendet das Katz-und-Maus-Spiel

Künftig soll es in der EU einfacher werden, synthetische Drogen, die so genannten „Legal Highs“, vom Markt zu nehmen.

Das EU-Parlament hat Maßnahmen gegen hoch gefährliche, aber oftmals legale synthetische Drogen wie diese beschlossen. Foto: Schorle / Wikimedia Commons

(KL) – Das Europäische Parlament gibt weiter Vollgas, wenige Wochen vor der Europawahl. Einziger Wermutstropfen: Die beschlossenen Maßnahmen können vom nächsten Parlament umgesetzt werden, müssen es aber nicht. Diese Woche ging es im Parlament unter anderem um die Frage, wie man das Katz-und-Maus-Spiel mit den Herstellern synthetischer Drogen beenden kann. Bislang war es so, dass Hersteller solcher Drogen den Behörden immer einen bis zwei Schritte voraus waren. Sie warfen eine neue Substanz auf den Markt, die, weil noch unbekannt, zu diesem Zeitpunkt nicht verboten war und ganz legal verkauft werden konnte. Bis eine solche Substanz dann verboten werden konnte, waren schon längst die nächsten Substanzen entwickelt und lösten die bisherigen wiederum ganz legal ab. Doch damit soll Schluss sein.

Über zwei Fragen zu diesem Themenkomplex hatten die EU-Abgeordneten abzustimmen. Zum einen ging es um eine vereinfachte Prozedur zum Verbot psychoaktiver Substanzen (diese wurde mit 507 Stimmen, bei 33 Enthaltungen und 37 Gegenstimmen befürwortet) und um eine Verschärfung der Strafen für Hersteller solcher Substanzen (504 Stimmen dafür, 36 Enthaltungen, 36 Gegenstimmen).

Diese Maßnahmen sind auch dringend erforderlich. Synthetisches Cannabis, das in verschiedenen Formen auf den Markt kam, wurde offiziell als Weihrauchmischung angeboten und hatte eine verheerende Wirkung auf die überwiegend jugendlichen Konsumenten. Schwerste Ausfallerscheinungen bis hin zum Erstickungstod, Kreislaufzusammenbrüche, schwere Verwirrtheit – und in den meisten Fällen konnten die Behörden nichts unternehmen, da die entsprechenden Produkte noch nicht verboten und somit immer noch legal waren.

Nach dem ersten Verbot tauchten sofort die Nachfolgeprodukte aus, dieses Mal als „Badesalze“, mit leicht veränderter Molekularstruktur, und wieder war das entsprechende Produkt völlig legal im Umlauf. Und so weiter und so fort. Doch dieses Katz-und-Maus-Spiel zwischen Herstellern und Behörden hatte einen Leidtragenden – die Konsumenten. Denn durch die molekulare Manipulation dieser Substanzen entstanden und entstehen immer neue chemische Verbindungen, deren Wirkung (auch Langzeitwirkung) auf den menschlichen Körper unbekannt ist. Mögliche Reaktionen mit der körpereigenen Chemie sind ebenfalls unerforscht. Womit der Konsum dieser Produkte eine Art russisches Roulette wird.

Dass es sich tatsächlich um ein europäisches Problem handelt, erkennt man an den Statistiken der EU. Nach dem Eurobarometer 2011 hatten bereits 5% aller jugendlichen Europäer zwischen 15 und 24 Jahren diese synthetischen Drogen schon einmal probiert, wobei die Jugendlichen in Irland (16 %), Polen, Lettland und Großbritannien (jeweils ca. 10 %) traurige Spitzenreiter waren.

Nach der neuen Prozedur soll ein Verbotsverfahren künftig nicht mehr zwei Jahre, sondern nur noch 10 Monate dauern. Was zunächst gar nicht so dramatisch klingt, entpuppt sich schnell als ein Schlag ins Kontor der Hersteller dieser Drogen. Denn durch die deutlich reduzierte Dauer, während der ein solches Produkt vermarktet werden kann, geraten die Geschäftsmodelle der dahinter steckenden Organisationen ins Wanken. Wobei man nur hoffen kann, dass sie als Konsequenz den Markt nicht mit noch billigeren, noch gefährlicheren Drogen überschwemmen oder einfach die Preise erhöhen.

Aber – und das sollten sich die Europaskeptiker aller Länder einmal gut überlegen – ein solches Vorgehen ist nur im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Politik möglich. Kein Land hätte einzeln eine Chance, solche Parallel-Märkte wirkungsvoll zu bekämpfen. Nur ein entschlossenes europäisches Vorgehen kann die europäische Jugend vor diesen chemischen Killerdrogen schützen. Weswegen man jetzt hoffen muss, dass das neue Parlament dieses Thema mit als erstes erfolgreich zum Abschluss bringt. Denn das ist das Europa, das die Europäerinnen und Europäer brauchen.

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