Das „Fest der Musik“ in Straßburg – fällt aus

Während bei der EURO 2021 die Massen in und um die Stadien strömen, muss das traditionelle „Fest der Musik“ am 21. Juni ausfallen. Eigentlich unverständlich.

Fällt dieses Jahr aus... für Musikfreunde gelten eben nicht die gleichen Regeln wie für Fussball- oder Tennisfans... Foto: Markus3 (Marc ROUSSEL) / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Warum muss die „Fête de la Musique“ am 21. Juni 2021 ausfallen? Die Vorgaben, die von der Präfektur gemacht werden, auf Anweisung der Zentralregierung in Paris, sind derart strikt, dass die Stadt Straßburg mit Bedauern die Veranstaltungen absagen musste. Und nein, das ist kein Grund, erneut auf die neue Stadtregierung zu schimpfen, die Entscheidungen fallen nach wie vor in Paris. Und diese Entscheidungen verbieten genau das, was den Charakter dieses beliebten Volksfestes ausmacht. Für die Stadt und die vielen kulturellen Vereine, Bands, Orchester und Einzelkünstler, die sich seit langem auf diesen Termin vorbereiten, ist dies ein Schlag ins Gesicht.

Die Inkonsequenz, mit der momentan in Paris sanitäre Maßnahmen beschlossen, verworfen und wieder eingesetzt werden, ist unglaublich. Am 21. Juni 2021 ist es also, so die Vorgaben der Präfektur, zu gefährlich, wenn sich abends Menschen in der Stadt bewegen und Künstler auf den Plätzen und an den Straßenecken musizieren. Dass am 20. Juni 2021 die Franzosen aufgerufen sind, bei den Regional- und Departementswahlen in die Wahllokale zu strömen, kein Problem. Dass für die Tennisfans das (zugegeben erstklassige) Match im Halbfinale von Roland Garros zwischen Novak Djokovic und Raffael Nadal die Ausgangssperre aufgehoben wird, kein Problem. Dass die Fußballfans nicht nur bei den Spielen massenhaft ins Stadion dürfen, sondern dass es auch wieder Public Viewing gibt, kein Problem. Aber bitteschön kein Musikfest, denn das ist dann doch zu gefährlich. Verstehe, wer will…

Die großzügige Regelung, welche die Präfektur für den 21. Juni anbietet, nämlich dass musikalische Darbietungen stattfinden dürfen, wenn diese mit Sitzplätzen organisiert werden, zeigt nur, dass von den hohen Damen und Herren wohl noch nie jemand bei einer „Fête de la Musique“ war. Denn die Besonderheit dieser Kulturnacht ist es eben, dass die Menschen durch die Stadt schlendern, Künstler spontane Konzerte geben, bei denen die Menschen stehenbleiben und zuhören (oder sogar tanzen, was es natürlich zu verhindern gilt). Anzubieten, dass Konzerte mit Sitzplätzen stattfinden dürfen, ist ziemlich realitätsfremd.

Dass die Stadt Straßburg nun diese Farce mit Bedauern absagt, ist verständlich und richtig, denn hätte sie die Vorgaben umgesetzt, wäre es eine Art Polizeifest geworden. Zahllose Polizisten hätten in der Stadt patrouilliert und kontrolliert, damit ja niemand auf die Idee kommt, Freude an spontanen Konzerten zu haben. Dies wäre zwar eine Veranstaltung geworden, die Präsident Macron und auch seiner Konkurrentin Marine Le Pen das Herz hätte höher schlagen lassen, doch sollte man sich nicht daran gewöhnen, dass die Polizei auf Anweisung aus Paris in den Städten verhindert, dass die Menschen Freude haben. Freude gibt es nur noch auf Anweisung von oben und auch nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen wie Roland Garros oder der EURO 2021, bei denen richtig viel Geld zu verdienen ist.

Immerhin – die Stadt Straßburg hat angekündigt, dass auf Anweisung aus Paris abgewürgte „Fest der Musik“ im Sommer nachholen zu wollen. Das ist eine gute Perspektive und wir drücken die Daumen, dass eine solche kulturelle Veranstaltung in den Städten der Regierung und ihren Erfüllungsgehilfen nicht derart viel Angst einflößt, dass sie auch das verbieten. Und langsam stellt sich die Frage, ob die „französische Lebensart“, um die der ganze Erdball Frankreich immer beneidet hat, nicht gerade schrittweise von einem neuen zentralistischen Totalitarismus abgelöst wird, in dem für Dinge wie Kultur und Lebensfreude kein Platz mehr ist.

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