Das Geschäft mit dem Tod kommt etwas ins Stocken

Seit Sigmar Gabriel erklärt hat, dass Deutschland keine Waffen mehr in Bürgerkriegs- und Kriegsgebiete liefern will, „leiden“ die deutschen Waffenexporteure.

Ein deutscher Exportschlager - der Leopard. So etwas kauft niemand, um damit einen Parkplatz zu überwachen. Foto: Mark Pellegrini / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.5

(KL) – „Es ist eine Schande, dass Deutschland zu den größten Waffenexporteuren gehört“, sagte der Vizekanzler und in der aktuellen Situation kann man dem nur zustimmen. Immerhin liegt Deutschland auf Platz 3 der weltweit größten Waffenexporteure und offensichtlich will Gabriel hieran etwas ändern. Sehr zum Leidwesen deutscher Rüstungskonzerne, die darunter „leiden“, dass im Moment rund 2000 Exportgenehmigungen auf eine Entscheidung warten, was die Industrie stark behindert. Das Mitleid mit diesen „Händlern des Todes“ hält sich in Grenzen.

Der internationale Markt für Kriegsgerät ist überschaubar. Da schweres Kriegsgerät nicht ist, was man im Vorbeigehen im Supermarkt kauft, kennen sich Käufer und Händler, oft schon seit Jahren. Insider sagen, dass Waffendeals viel mit Zuverlässigkeit und persönlichen Kontakten zu tun haben. Hier scheint der Knackpunkt für die deutschen Waffenhändler zu liegen, die aufgrund der langen Genehmigungsverfahren Gefahr laufen, ihren guten Ruf als zuverlässige Lieferanten von Tötungsgerät zu verlieren.

Aufgrund der sinkenden Zuverlässigkeit der deutschen Rüstungsexporte wollen nun die ersten ausländischen Hersteller von Waffensystemen auf Komponenten aus Deutschland verzichten und das Schlagwort einer „German Free“-Produktion macht die Runde. Was jedem Friedensaktivisten ein Lächeln ins Gesicht zaubert, sorgt für Sorgenfalten bei Unternehmen der deutschen Rüstungsbranche.

Jahrzehnte lang hat man prächtig davon gelebt, die Kriegsparteien dieser Welt mit Tötungsgerät zu versorgen, immer mit den gleichen dämlichen Argumenten wie „wenn wir s nicht tun, macht es jemand anderes“ oder „nicht Waffen töten, sondern Menschen“. Und das soll jetzt vorbei sein?

Allerdings kann man Sigmar Gabriel vorwerfen, seine lobenswerte Abneigung gegen Waffenexporte nur halbherzig zu manifestieren. Statt Exportgenehmigungen zu verweigern, werden die Anträge auf einer langen Liste aufgeschrieben, die nur sehr schleppend bearbeitet wird. Ziviler Widerstand in der Bundesregierung?

Klar, Waffenexporte in Konfliktländer sind seit dem Jahr 2000 in Deutschland verboten. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass dieses Verbot lässig umgangen werden kann. So liefert man beispielsweise gepanzerte „Zivilfahrzeuge“, die über Aufrüstungs-Kits mit ein paar Handgriffen mit Waffen aufgerüstet werden können und sich im Zielland innerhalb weniger Stunden in Kriegswaffen verwandeln. Auch Exporte über „Nicht-Konfliktländer“, die dann die Waffen in die Konfliktzonen weiter exportieren, sind an der Tagesordnung. Wie sonst kann man sich erklären, dass der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken bei einem Besuch in Syrien deutsch-französische Mistral-Raketen sowohl auf Seiten der Truppen von Assad, als auch auf Seiten der Aufständischen vorfand? Laut Vorschriften hätte keine der beiden Parteien über diese Waffen verfügen dürfen.

Rund 80.000 Menschen arbeiten direkt für deutsche Rüstungskonzerne, dazu kommen über 200.000 Arbeitsplätze in Zulieferbetrieben. Doch können Arbeitsplätze ein Argument sein, wenn es darum geht, Geräte zum Töten anderer Menschen zu exportieren? Sitzen die Mitarbeiter dieser Firmen abends vor den Nachrichten und empfinden etwas, wenn sie die Bilder aus den Kriegsgebieten sehen, in denen Menschen mit von ihnen produzierten Waffen getötet werden? Ist die Rüstungsindustrie wirklich eine Industrie wie jede andere?

Aber so weit, dass in Deutschland Schwerter zu Pflugscharen werden, sind wir noch lange nicht. Alleine 2013 exportierte Deutschland Waffen und anderes Kriegsgerät für einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro. Auf der Liste der Empfängerstaaten befinden sich Länder mit „stabilen politischen Situationen“ wie Algerien, aber auch totalitäre Länder wie Saudi-Arabien oder Katar, von denen man weiß, dass sie mit verschiedenen islamistischen Terrorgruppen sympathisieren und diese auch logistisch unterstützen.

Wie gleichgültig die deutsche Rüstungsindustrie dem gegenübersteht, was mit den von ihnen produzierten Waffen geschieht, erkennt man an der Aussage eines deutschen Rüstungsmanagers zum Thema Waffenexporte nach Saudi-Arabien: „Wie man zu dem Land auch stehen mag: Die verlassen sich seit Jahrzehnten bei diversen Rüstungslieferungen auf uns“. Angesichts dieses Zynismus kann man Sigmar Gabriel nur den Mut wünschen, seine Haltung noch deutlicher zu manifestieren.

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