Das Grundrecht auf ein Girokonto für jeden EU-Bürger

Kurz vor der Europawahl beschloss das Europäische Parlament die Einführung eines „Basis-Girokontos“ als Recht für jeden Menschen, der legal in der EU lebt.

Ob Obdachloser oder Milliardär - künftig hat jeder in Europa ein Anrecht auf ein "Basis-Girokonto". Ein guter Schritt in Richtung eines sozialen Europas. Foto: Dierk Schaefer / Wiki Commons

(KL) – Kurz vor der Europawahl hat das Europäische Parlament eine wichtige Entscheidung getroffen. Mit 603 Stimmen (bei 21 Gegenstimmen und 51 Enthaltungen) beschloss das Parlament, dass künftig alle legal in der EU lebenden Menschen das Recht haben, ein Basis-Girokonto zu eröffnen. Dieses Recht auf ein Basiskonto darf niemandem aufgrund seiner Nationalität oder seines Wohnsitzes verwehrt werden, so der Beschluss des Parlaments. Dazu müssen Gebühren und Konditionen von Girokonten transparent und daher leichter vergleichbar sein.

Bei dieser neuen Regelung geht es darum, sozial schwache Menschen nicht vom bargeldlosen Zahlungsverkehr auszuschließen. So kassieren Banken heute von Menschen, die über kein eigenes Konto verfügen, also von den sozial Schwächsten, Millionen Euro an Gebühren für Bargeldeinzahlungen für Miete, Strom, Telefon etc. – dies soll nun durch die neue Vorschrift geändert werden.

„In dieser Richtlinie geht es vor allem darum, die Nutzer gemeinsamer regulärer Zahlungsdienste zur stärken. Durch die Garantie eines Basiskontos für alle Verbraucher, einschließlich Migranten und mobiler Bürgerinnen und Bürger, wird die Modernisierung der Wirtschaft gefördert, die Freizügigkeit erleichtert und besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen geholfen“, erklärte der Berichterstatter Jürgen Klute (GUE/NGL, DE).

Das Parlament hat darauf bestanden, dass Basis-Girokonten bei einer ausreichenden Zahl an Banken im jeweiligen EU-Heimatland angeboten werden müssen, um einen leichten Zugang für alle interessierten Verbraucher sowie wettbewerbsorientierte Angebote zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass die Basiskonten nicht nur von Kreditinstituten angeboten werden, die lediglich Online-Dienste anbieten.

Die neue Vorschrift gilt auch für Obdachlose, die keinen festen Wohnsitz haben. Die Mitgliedsstaaten dürfen allerdings vorschreiben, dass Verbraucher, die in ihrem Hoheitsgebiet ein solches Konto eröffnen möchten, ihr echtes Interesse daran nachweisen müssen. Diese Regelungen müssen dann aber dem Verbraucherschutz entsprechen und dürfen nicht mit zu großen Schwierigkeiten oder Belastungen verbunden sein.

In jedem Mitgliedsstaat muss es mindestens eine unabhängige Internetseite geben, die Gebühren und Zinssätze der Kreditinstitute miteinander vergleicht. Die Banken sollen verpflichtet werden, ihre Kunden darüber zu informieren, dass sie ein Basis-Girokonto anbieten.

Das „Basis-Girokonto“ soll Kunden ermöglichen, Geld einzuzahlen, abzuheben und Überweisungen innerhalb der EU vorzunehmen. Dazu gehören auch Zahlungen, die mit Karte oder online getätigt werden. Kunden sollen in der Lage sein, eine unbegrenzte Anzahl solcher Leistungen kostenlos oder gegen eine angemessene Gebühr zu nutzen. Die Mitgliedsstaaten können selbst entscheiden, ob das Basiskonto auch Möglichkeiten zum Überziehen des Kontos bieten soll.

Nun sind die EU-Mitgliedstaaten am Zug. Diese müssen innerhalb der nächsten 24 Monate die neue europäische Vorschrift in nationales Recht umsetzen. Was bedeutet, dass das „Basis-Girokonto“ für alle 2016 Wirklichkeit wird.

2 Kommentare zu Das Grundrecht auf ein Girokonto für jeden EU-Bürger

  1. Ich kann dieser Entscheidung nur zustimmen. Jeder sollte ein Recht auf diese Möglichkeit bekommen. Das ist eine Entscheidung, die lange genug auf sich hat warten lassen. Jetzt muss sie nur noch umgesetzt werden.

  2. Das ist doch jetzt auch schon der Fall, jeder der eine Adresse in Deutschland hat sollte ein Girokonto auf Guthabenbasis einrichten können. Für Wohnsitzlose ist das natürlich schwierig, aber irgendeine Meldeadresse sollte man ja bekommen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste