Das Konzil von Straßburg – in der Rheinoper

Die Oper „Die Jüdin” von Jacques Fromental Halévy in der hochgelobten Inszenierung von Peter Konwitschny bringt am Freitag das „Konzil von Konstanz“ an den Ort, wo es eigentlich hätte stattfinden sollen: nach Straßburg.

"La Juive" in der Rheinoper in Strasbourg - absolut lohnenswert! Foto: Annemie Augustijns / ONR

(Von Michael Magercord) – Das Konzil von Konstanz begann 1414 und dauerte über drei Jahre, und wenn es so gekommen wäre, wie es vom Gastgeber König Sigismund zunächst angedacht war, hätte es in Straßburg stattgefunden.

Dann aber entschied man sich für die Stadt am Bodensee als Tagungsort für die 33 Kardinäle, 346 Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe, 2148 weltliche Doktoren sowie 546 Vorsteher und Glieder der Mönchsorden. Vielleicht besser so, denn sonst müsste Straßburg bis zum heutigen Tage mit dem Ruf leben, der Ort gewesen zu sein, wohin der böhmische Reformator Jan Hus hinterhältig lockt wurde, nur um als Ketzer verbrannt zu werden, und wo zwar die Spaltung der katholischen Kirche in zwei Papsttümer ihr Ende fand, aber gleichsam die zukünftige Spaltung des christlichen Abendlandes in zwei Konfessionen letztlich ihren Ausgang nahm.

Und dann hätte auch noch über vierhundert Jahre danach Jacques Fromental Halévy Straßburg zum Ort der Handlung seiner Oper „Die Jüdin“ gemacht. Und so wäre diese Geschichte um den sturen Juden Eleazar, seiner sturen Adoptivtochter Rachel und dem sturen Kardinal Brogni, die vor lauter religiös untermauerter, aber letztlich ganz persönlicher Sturheit alles verlieren, was sie lieben, ausgerechnet im Elsass angesiedelt.

Aber soweit ist es ja nicht gekommen, doch immerhin kommt nun die Oper auf die Bühne der Straßburger Rheinoper. Endlich müsste man sagen, denn seit sie 1835 uraufgeführt wurde, erlebte sie allein in Paris über 500 Reprisen, selbst die Konkurrenten Wagner und Verdi bewunderten sie. Doch mit dem Beginn des 20. Jahrhundert verschwand sie von den Bühnen. Lag es an der großangelegten Musiksprache, an der Behandlung des Themas? Diese mit den Stereotypen spielende, aber auch gleichsam gegen jede glatte Stereotypisierung angelegte Geschichte?

Heute würde man die Sturheit der Figuren vielleicht als Fundamentalismus bezeichnen können, in dem sich letztlich alle Sturköpfe wieder gleich sind. In der Inszenierung von Peter Konwitschny, die zuvor schon in Gent und Mannheim zu sehen war, wird dieses Spiel auf die Spitze getrieben. Nur unterschiedlich farbige Handschuhe erlauben einen Rückschluss auf die Gruppenzugehörigkeit der Figuren. Und diese legen sie zum tragischen Höhepunkt ihres Konfliktes auch noch ab und dafür – gemeinsam – Sprengstoffgürtel an.

Wem das nun doch etwas gruselig erscheint, der kann vielleicht auch erahnen, was Straßburg damals noch alles erspart geblieben ist: 70.000 Besucher sollen seinerzeit in Konstanz aufgehalten haben und den 6.000 Einwohner nicht nur Geld und hunderte von Hurenhäusern beschert, sondern auch ihre Vorräte weggefressen haben. Fast so etwas, wie ein Dauer-Weihnachtsmarkt, oder als würden die Sitzungswochen des EU-Parlamentes nicht bloß vier Tagen im Monat dauern, sondern vier Jahre… Dann doch lieber nur einen vielleicht etwas gruseligen, dafür aber ebenso aktuellen wie berührenden Opernabend.
La Juive – Oper in fünf Akten von Jacques Fromental Halévy

Strasbourg – Opéra
FR, 3. Februar, 20 Uhr
MO, 6. Februar, 20 Uhr
DO, 9. Februar, 20 Uhr
SO, 12. Februar, 15 Uhr
MI, 14. Februar, 20 Uhr

Mulhouse – La Filature
FR, 24. Februar, 20 Uhr
SO, 26. Februar, 15 Uhr

Ticket und Informationen: www.operanationaldurhin.eu

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste