Das Rambo-Syndrom

Ein seltsames Phänomen in Frankreich – zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen versteckt sich ein Straftäter schwer bewaffnet im Wald und versetzt eine ganze Region in Aufruhr.

Wenn Mörder Rambo spielen, werden sie am Ende doch gefasst. Foto: Yoni S. Hamenahem / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Was ist das nur für ein seltsames Phänomen. Zum wiederholten Mal in den letzten Wochen verschwindet ein schwer bewaffneter Straftäter in den Wäldern Frankreichs, mobilisiert ganze Hundertschaften Polizei, Hubschrauber- und Hundestaffeln und hält eine ganze Region tagelang in Atem. Natürlich haben diese Straftäter keine Chance, den Polizeikräften zu entkommen – und es stellt sich die Frage, wieso diese Kriminellen einen Showdown à la Rambo suchen.

Der eine hat seine Frau umgebracht, der andere seine Arbeitskollegen, der dritte hat eine Polizistin in einem Kommissariat mit dem Messer angegriffen. So unterschiedlich die Verbrechen waren, so sehr ähnelten sich die Reaktionen der Täter nach ihren Taten – schwer bewaffnet flüchteten sie in den Wald, wo sie ein paar Tage lang versuchen, wie Rambo in der Wildnis zu überleben, bevor die Polizei sie dann aufspürt und festnimmt.

Die Häufung dieser Fälle ist überraschend und ist eine Aufgabe für die Psychologen. Was wollen diese Täter? In einem letzten Feuergefecht von der Polizei getötet werden? Eine Art indirekter Selbstmord? Oder ist es das Bedürfnis nach einer letzten Aufmerksamkeit der Welt ihnen gegenüber, bevor sie auf Jahre im Gefängnis verschwinden? Die Medien stürzen sich begeistert auf diese Fälle, schicken Kamerateams und berichten stundenlang mit aufgeregter Stimme vor Standbildern, ohne dass es mehr zu berichten gäbe, als dass man den oder die Täter noch nicht gefunden hat.

Auch in Belgien gibt es momentan einen solchen Fall und das Soziogramm dieser Täter ist erstaunlich vergleichbar. Ehemalige Militärs, die zwar hervorragend im Umgang mit Waffen ausgebildet sind, die eine gewisse Erfahrung im Überleben in der Wildnis und – die getötet oder versucht zu töten haben. Nur finden diese Ereignisse nicht in den unendlichen Weiten Kanadas statt, sondern im dicht besiedelten Frankreich, wo man keine Chance hat, einer massiven Suchaktion der Polizei mit allen modernen Mitteln zu entkommen.

Ebenfalls auffallend ist, dass die Beschreibung der Täter, die von den TV-Sendern vor Ort durch Interviews mit Nachbarn, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern zelebriert wird, von Tätern spricht, die unauffällig leben und von ihrer Umwelt als still, aber nicht unfreundlich bezeichnet werden. Nur – alle diese Täter haben getötet oder versucht zu töten und immer wieder stellt sich heraus, dass diese Täter bereits früher durch gewalttätiges Verhalten aufgefallen sind.

In allen diesen Fällen ist die Bevölkerung in heller Aufregung und die Behörden empfehlen in diesen Situation, daheim zu bleiben und Türen und Fenster geschlossen zu haben, was kurzzeitig Psychosen in ganzen Landstrichen auslöst.

Der wenige Stunden oder wenige Tage dauernde „Ruhm“ dieser Täter, befeuert durch die vielen Livesendungen und TV-Runden mit Experten, spielt sicher eine Rolle in diesem abstrusen Verhalten dieser Täter. Vielleicht wäre es besser, diese Mörder nicht zu „Rambos“ und „Survival-Künstlern“ hochzustilisieren und ihnen diesen kurzfristigen „Ruhm“ nicht zu garantieren. Denn diese Aktionen klingen stark nach „bevor ich ins Gefängnis gehe, werde ich noch berühmt“. Nur – diese „Rambos“ haben nichts Heldenhaftes. Um weiterer Nachahmer zu vermeiden, wäre es vielleicht besser, die mediale Abdeckung dieser Ereignisse stark zu reduzieren, bevor eine ganze Welle dieser „Rambo-Aktionen“ ausbricht.

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