Das „Rat Race“ hat begonnen – alle belasten „Babo“ Sepp Blatter

Der FIFA-Skandal weitet sich zu einer Soap Opera aus. Sollte die FIFA die Filmrechte verkaufen, könnte sie künftig auf Bestechungsgelder verzichten…

Das Netz um Sepp Blatter zieht sich immer enger zusammen. Das FBI freut sich über die vielen Belastungszeugen... Foto: Marcello Casal Jr. / ABr / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0br

(KL) – Nachdem sich der greise FIFA-Präsident nach seiner seltsamen Wiederwahl wie ein Silberrücken im Dschungel aufgeführt hatte, wird die Luft nun täglich dünner für Sepp Blatter. Nicht nur, dass sich die belasteten FIFA-Granden gegenseitig überbieten, wer zuerst auspacken darf, in der Hoffnung selber straffrei zu bleiben, dazu kommen jetzt täglich neue Erkenntnisse ans Licht, die das Bild der FIFA als krimineller Vereinigung immer weiter verfestigen.

Inzwischen haben die „New York Times“ und „ABC News“ übereinstimmend berichtet, dass auch gegen Blatter ermittelt wird und die Bereitschaft seiner früheren Adlaten, reinen Tisch zu machen, um die eigene Haut zu retten, dürften diese Ermittlungen weiter beschleunigen. Dass Sepp Blatter nicht freiwillig abgedankt hat, ist klar. Ob ihm da jemand vom FBI ein Angebot gemacht hat, dass er nicht ablehnen konnte – angesichts seines Verhaltens nach seiner Wiederwahl durfte man mit allem rechnen, aber nicht mit einem Rücktritt.

Seine Ansage, er wolle einer Neustrukturierung des Weltverbands nicht im Weg stehen und die verbleibende Zeit bis zur Wahl seines Nachfolgers (die wohl erst zum Jahresende erfolgen wird) nutzen wolle, um die dringend erforderlichen Reformen der FIFA zu befördern, klingt befremdlich. Geradezu so, als habe ihm jemand gesteckt, dass es für ihn unangenehmer sein könnte, wenn er vom FBI oder einer anderen Behörde aus dem Präsidentenbüro heraus verhaftet würde.

Was waren das für Sprüche nach seiner Wiederwahl – das klang so überhaupt nicht nach Rücktritt! „Ich habe das Kommando“, brüllte Sepp Blatter nach der Wahl ins Mikrophon und drohte gleich denjenigen, die es gewagt hatten, an seinem Stuhl zu sägen: „Ich vergebe, aber ich vergesse nicht“ – Sprüche, die eines Paten würdig waren. Doch zwischen seiner Wiederwahl und seinem Rücktritt muss er neue Informationen über den Stand der Ermittlungen des FBI erhalten haben. Ein Insider des FBI sagte dazu trocken „Wenn das FBI gegen jemanden ermittelt, dann merkt die betroffene Person das nicht. Und wenn sie es merkt, dann ist es zu spät…“

Nachdem nun der schillernde Jack Warner von Trinidad aus erklärte, er verfüge über entsprechende Nachweise, die auch Blatter den Hals brechen können, wobei er auch noch erwähnte, dass die FIFA auch den politischen Wahlkampf auf Trinidad und Tobago mit Geld beeinflusst habe, nachdem der frühere FIFA-Vize Chuck Blazer bei seiner Vernehmung ausgesagt hat, dass er und andere Schmiergelder vor der Vergabe der WM 1998 in Frankreich und 2010 in Südafrika erhalten haben, wird die Luft für Sepp Blatter täglich dünner.

Angesichts der hohen Strafen, mit denen die Beschuldigten in den USA rechnen müssen, wird das kollektive Auspacken schnell ablaufen. Wobei sich das Netz um denjenigen, der dieses System jahrelang geleitet hat, immer enger zusammen zieht. Die FIFA wer gut beraten, Sepp Blatter auch nicht kommissarisch an der Spitze der Organisation zu belassen – das würde nämlich angesichts der immer deutlicher werdenden Skandals ein schlechtes Signal.

Nun ist das Rennen um die Nachfolge eröffnet und keiner der bislang gehandelten Kandidaten scheint wirklich für das Amt geeignet zu sein. Prinz Ali, der wenigstens den Mut hatte, gegen Blatter anzutreten, hat für Verwirrung gesorgt, als er zum zweiten Wahlgang gar nicht mehr antrat; Michel Platini hat sich durch seine undurchsichtige Rolle und die Tatsache, dass er ein enger Vertrauter von Blatter ist, eigentlich schon selbst disqualifiziert und im Grunde sollte der neue Chef der FIFA von möglichst weit weg von den aktuellen Führungsstrukturen kommen – man könnte sich entweder den einzig Mutigen nach der Wahl vorstellen, den Engländer Greg Dyke oder aber einen ganz neuen Kandidaten, wie beispielsweise den früheren portugiesischen Weltklassekicker Luis Figo, der sich überlegt hatte, in Zürich gegen Blatter anzutreten, dann aber zugunsten von Prinz Ali verzichtet hatte.

Der „Neuanfang light“, der gerade angekündigt wird, reicht aber nicht aus, um das verloren gegangene Vertrauen in die Weltorganisation FIFA wieder herzustellen. Die Beteuerung, dass man auf jeden Fall an den beiden WMs in Russland 2018 und Katar 2022 festhalten will, ist das falsche Signal. Das Argument, dass beide Länder eine solche Entscheidung nicht hinnehmen würden, ist schwach. Denn es besagt nur, dass Russland und Katar so viel für die Vergabe bezahlt haben, dass man ihnen das jetzt nicht zumuten möchte, all das schöne Bestechungsgeld umsonst investiert zu haben.

Wenn der Nachweis vorliegt, dass beide WMs auf der Grundlage krimineller Handlungen vergeben wurden, dann gäbe es auch rechtliche Möglichkeiten, aus den Verträgen wieder auszusteigen. Statt denen, die den schönsten Sport der Welt seit Jahren und Jahrzehnten korrumpieren, auch noch Recht zu geben.

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