Das riecht nach Ärger…

Die Präfektur in Straßburg bereitet gerade die Genehmigungen für den Beginn der Arbeiten für die hoch umstrittene Autobahnumfahrung Straßburg-West (GCO) vor. Trotz aller Gutachten.

Die Gegner des hoch umstrittenen Projekts "GCO" werden nicht einfach nur zusehen, wie 24 km Natur plattgewalzt werden. Foto: https://gcononmerci.org

(KL) – Die ursprüngliche Idee, die in den 70er Jahren des letzten Jahrtausends geboren wurde, war gar nicht so schlecht. Um den LKW-Verkehr im städtischen Bereich der Elsass-Metropole und die damit verbundenen Umwelt- und Verkehrsbelastungen zu reduzieren, beschloss man das Projekt „Grand Contournement Ouest“ (große Umfahrung West), eine neue Autobahnumfahrung, die sich selbst finanzieren soll, da sie nur gegen Zahlung einer Maut genutzt werden kann. So weit, so gut. Oder auch nicht. Denn heute, rund 40 Jahre nach dieser Entscheidung, sind die Verkehrszahlen ganz andere und mehrere Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass das Verhältnis Kosten, tatsächliche Entlastung und nachhaltige Umweltschädigung nicht mehr stimmt. Nun ist die Präfektur in Straßburg (die in etwa ein Mittelding zwischen einem Regierungspräsidium und einer kleinen Landesregierung ist, vor allem aber die Rolle des „Statthalters“ der Pariser Zentralregierung ausfüllt) dabei, die Genehmigungen für den Beginn der Arbeiten vorzubereiten. Der gut organisierte Widerstand wird dem aber kaum tatenlos zusehen.

Es handelt sich um ein mehr als 500 Millionen Euro schweres Projekt einer neuen, 24 km langen Autobahn, die sich dadurch finanzieren soll, dass LKWs jeweils 9,60 € und PKWs jeweils 3 € für die Nutzung zahlen sollen. Dabei fällt auf, dass sich der Bauträger, die französische Gruppe VINCI, bereits die Konzession für den Abschnitt Malsch – Offenburg auf der deutschen A5 durch eine Mehrheitsbeteiligung an „Via Solutions Südwest“ gesichert hat und damit alleine den europäischen Güterverkehr auf der Straße zwischen Skandinavien und dem Baltikum, BeNeLux, Deutschland, der Schweiz und den Mittelmeer-Anrainern kontrolliert. Ob es Sinn einer europäischen Verkehrspolitik sein kann, einem privaten Betreiber die Kontrolle über eine der wichtigsten Verkehrsachsen Europas zu überlassen, ist mehr als fraglich.

Doch auch andere Gründe würden eigentlich eher dafür sprechen, das ganze Projekt noch einmal zu überdenken. Da sind zum einen verschiedene unabhängige Gutachten, nach denen die gewünschte Verkehrsentlastung der Stadt Straßburg durch die GCO überhaupt nicht erreicht werden kann. Experten gehen davon aus, dass im Idealfall eine Entlastung von 4 % erzielt werden kann, was im Klartext nichts anderes bedeutet, als dass die Pendler aus dem Umlandgemeinden dann eben auf der GCO kostenpflichtig im Stau stehen, statt wie heute im Stau auf der A4 zu schwitzen.

Und dafür nimmt man eine schwere, nachhaltige Umweltschädigung in Kauf, ebenso wie die Vernichtung landwirtschaftlich genutzter Flächen oder auch die Gefährdung des extrem seltenen Großen Hamsters, die den VINCI zwar ein Umsiedlungsprogramm anbietet, doch ist ein Umsiedlungsprogramm in einen anderen Lebensraum für eine akut vom Aussterben bedrohte Art auch nicht gerade dienlich für die Biodiversität rund um die Europahauptstadt. Da merkt man, dass es eben nicht reicht, wenn Beamte ein „Europäisches Jahr der Biodiversität“ ausrufen, das dann nicht einmal in der Europahauptstadt Beachtung findet.

Die landwirtschaftlich intensiv genutzte Gegend um den Kochersberg in den Vorvogesen werden ebenso geopfert wie 10 Hektar Wald bei Vendenheim – insgesamt sind vom Kahlschlag für die neue Autobahn 24 Gemeinden betroffen.

Es gibt nun drei Möglichkeiten. A) Es wird zu Auseinandersetzungen zwischen dem 2003 gegründeten Kollektiv „Non merci au GCO!“ und von der Polizei geschützten Bautrupps geben. Das Kollektiv führt pausenlos Aktionen, Infoveranstaltungen und Platzbesetzungen durch und wird alles daran setzen, einen Beginn der Arbeiten und der unwiderruflichen Schädigung dieser Region zu verhindern. B) Alle beteiligen setzen sich noch einmal zusammen und reden über Sinn, Zweck und Gestaltung des Projekts. Ein solcher Ansatz würde dazu führen, dass man das Projekt GCO wegen Nutzlosigkeit bei hohen Kosten streichen würde. Oder C) der Staat zieht sein Ding für VINCI durch. Wie bei Stuttgart 21, wo uns die explodierenden Kosten noch lange beschäftigen werden. Da es Verträge gibt, die Strafzahlungen bei Verzicht auf das Projekt vorsehen, ist C) leider die wahrscheinlichste Variante.

Jede Menge Informationen über die Historie dieses Projekts, die zahlreichen ablehnenden Gutachten und die kommenden Aktionen finden Sie, wenn Sie HIER KLICKEN!

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