Das „sichere Hinterland“ des Terrorismus

Es geht nicht um einen Generalverdacht oder eine Stigmatisierung – aber den wichtigsten Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus müssen die muslimischen Gemeinden leisten.

Damit wir solche Bilder weniger oft sehen müssen, muss nun das "sichere Hinterland" der Terroristen ins Visier genommen werden. Foto: Katie Chan / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Inzwischen müsste man fast täglich sein Facebook-Profilbild ändern. Je suis Paris, Brüssel, Nizza, Berlin, Manchester, Kabul, London, Teheran… – der Terror wird zum täglichen Begleiter unseres Lebens. Verzweifelt versucht die Politik Maßnahmen zu ergreifen, von denen jeder weiß, dass sie kaum die Sicherheit erhöhen können, gleichzeitig aber die persönlichen Freiheiten immer weiter einengen. Den Hebel müsste man aber ganz woanders ansetzen.

Es ist eine Tatsache, dass praktisch alle Attentate der letzten Jahre in Europa von Terroristen verübt wurden, die in Europa geboren wurden und aufwuchsen und sich hier radikalisiert haben. Diese Radikalisierung fand und findet im Schutz radikaler Gemeinden statt, in denen Hassprediger aktiv sind und in deren Umfeld diese radikalisierten jungen Menschen ein sicheres Hinterland, Unterstützung und logistische Hilfestellungen erhalten. Geschützt werden sie durch eine Mauer des Schweigens und genau hier muss der Hebel angesetzt werden.

Dass sich nach den Attentaten von Paris noch Vertreter der muslimischen Gemeinden in Talkshows setzten und sich weigerten, sich klar von islamistischen Aktivitäten zu distanzieren, weil dies der Akzeptanz eines Generalverdachts gleichkäme, das geht inzwischen nicht mehr. Auch Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr in einer Situation, in der es praktisch täglich zu Anschlägen kommt, deren Täter samt und sonders aus dem Umfeld radikaler Gemeinden stammen.

Die muslimischen Gemeinden sind nun aufgerufen, konkret mit den Behörden zu kooperieren und die „Omertá“ zu durchbrechen. Radikale Imame müssen an die Behörden übergeben und ausgewiesen werden, radikale Tendenzen müssen kommuniziert und geächtet werden, die muslimischen Gemeinden müssen in absoluter Transparenz agieren, damit der Sumpf des „sicheren Hinterlands“ für Terroristen trockengelegt werden kann.

Gerade diejenigen, die (völlig zurecht) religiöse Toleranz einfordern, müssen aktiv und proaktiv dazu beitragen, dass keine wahnsinnigen und kriminellen Fanatiker ihre Religion missbrauchen, um in ihrem Namen schlimme und schlimmste Verbrechen zu begehen.

Wenn es die muslimischen Gemeinden mit dem „Zusammenleben“ ernst meinen, dürfen sie nicht länger tatenlos zusehen, wie Hassprediger ihre Jugend verführen, wie in den Vorstädten Waffen- und Logistiklager angelegt werden, wie potentielle Täter Schutz und Hilfe erhalten, um ihre irrsinnigen Taten vorzubereiten und durchzuführen.

Man kann nicht so tun, als würde diese Radikalisierung im luftleeren Raum stattfinden, man kann nicht so tun, als würden diese Terroristen ihre Unterschlüpfe und Unterstützung anderswo als im Umfeld radikalisierter Gemeinden finden. Man kann auch nicht mehr so tun, als würden nicht Teile dieser Gemeinden das empfinden, was Teile der extremen Linken in der Zeit des „Deutschen Herbsts“ angesichts des RAF-Terrors empfanden – „klammheimliche Freude“.

Wenn in den Communities Terroristen zu Idolen der Jugendlichen werden, wenn sich Kinder aus diesen Communities weigern, an Schweigeminuten für Opfer von Anschlägen teilzunehmen und respektlose Kommentare abgeben, dann ahnt man, was in den Familien in diesen Communities gesprochen wird.

Es ist an der Zeit, dass sich die muslimischen Verbände und Gemeinden ihrer Verantwortung bewusst werden und aktiv daran mitwirken, den Sumpf des Terrors trockenzulegen. Die einzige Alternative dazu ist, dass diese Gemeinden massiv stigmatisiert, kontrolliert, überwacht und unter Generalverdacht gestellt werden. Und genau das soll ja eigentlich nicht passieren.

1 Kommentar zu Das „sichere Hinterland“ des Terrorismus

  1. Excellent article, comme d’habitude. Cela fait 8000 ans que je les lis. Hélas, c’est toujours la charrue avant les boeufs. Une école vient d’être fermée dans un village. Un criminel en temps de paix est plus criminel qu’un criminel en temps de guerre. Mais jouer l’éploré à Oradour ou à MyLai, c’est grand à la télé.

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