Das Vereinigte Königreich bröckelt

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat ein neues Referendum über die Loslösung Schottlands von Großbritannien angekündigt. Auch ohne grünes Licht aus London.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon will bis Ende 2023 ein neues Unabhängigkeits-Referendum durchführen. Foto: The Scottish Government / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Arme Queen Elizabeth II., die im Jahr ihres 70. Thronjubiläums hilflos mit ansehen muss, wie der Politclown Boris Johnson das Vereinigte Königreich in seine Einzelteile zerlegt! Nachdem Boris Johnson das Nordirland-Protokoll außer Kraft setzen will, steht London neuer Ärger ins Haus: Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat ein neues Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien bis spätestens Ende 2023 angekündigt, ob das Boris Johnson passt oder nicht.

Eigentlich muss die britische Regierung die Durchführung eines solchen Referendums genehmigen, doch Boris Johnson, der die Umfragezahlen kennt, die eine klare Mehrheit für den Austritt Schottlands aus Großbritannien sehen, ist der Ansicht, „dass nun nicht die Zeit für Gespräche über ein zweites Unabhängigkeitsreferendum“ sei. Nur – das ist der schottischen Regierung inzwischen egal.

Bei letzten schottischen Unabhängigkeits-Referendum im September2014, bei dem sich eine Mehrheit von 55,3 % der Schotten für den Verbleib bei Großbritannien aussprach, waren die Vorzeichen ganz anders. Damals war noch nicht vom Brexit die Rede und der Brexit hat die Lage grundlegend geändert, vor allem angesichts der pro-europäischen Grundhaltung der Schotten. Inzwischen sehen Umfragen die Anhänger der schottischen Unabhängigkeit bei rund 60 %.

Es ist klar, dass Boris Johnson zum jetzigen Zeitpunkt seine Zustimmung zu einem neuen schottischen Referendum verweigern würde, doch verschärft sich nun der Ton in Edinburgh. Denn heute, so Nicola Sturgeon, ist in London eine Regierung am Ruder, die weder Demokratie noch das Rechtsstaatsprinzip respektiert. Bereits in wenigen Tagen will sie einen Plan vorstellen, nach dem das Referendum auch ohne Zustimmung aus London durchgeführt werden kann. Und dann wird es richtig eng für Boris Johnson.

Der Brexit wird, wie praktisch alle Beobachter seit Jahren vorhersehen, zum Zerfall des Vereinigten Königreichs führen. Abgesehen von allen Problemen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und politischen Isolation Großbritanniens in der Folge des Brexit, ist die Irland-Frage wieder auf die Tagesordnung gekommen und ein Ausstieg Schottlands aus Großbritannien wäre der Anfang vom Ende – aus Großbritannien wird langsam, aber sicher, „Little Britain“.

Dabei ist unglaublich, mit welcher stoischen Ruhe die Briten zuschauen, wie der wohl verrückteste Regierungschef seit vielen Jahren das Vereinigte Königreich auseinandernimmt, das Land international isoliert hat und nun das vollbringt, was zuvor weder die Römer, noch die Sachsen, noch die Normannen, noch die anderen Invasoren fertiggebracht haben – die Einheit der Briten nachhaltig zu zerstören.

Doch letztlich muss man festhalten, dass die Briten an diesem Schicksal selber die Schuld tragen. Sie hatten mehrere Gelegenheiten, das Brexit-Drama an den Wahlurnen zu verhindern und sie haben es nicht getan, sondern bei jeder dieser Gelegenheiten Boris Johnson die Schlüssel des Landes in die Hand gedrückt. Und selbst jetzt scheint es kaum Bestrebungen zu geben, diesem Zerstörer der britischen Einheit Einhalt zu gebieten. Doch mit „Abwarten und Tee trinken“ werden die Briten weder die irische, noch die schottische Frage klären. Vermutlich werden sie erst dann aktiv werden, wenn es zu spät ist.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste