Das Weihnachtsgeschenk der französischen Regierung

Zum Weihnachtsfest müssen die Franzosen eine bittere Pille schlucken – die Regierung will Mitte Dezember den Fahrplan für die umstrittene Rentenreform vorstellen.

Bis Februar 2020 dauerten die Demonstrationen gegen die Rentenreform. Dann kam der erste Lockdown. Foto: Jeanne Menjoulet from Paris, France / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Meldung war nur eine Randnotiz. Regierungssprecher Olivier Véran, der nach seiner nicht gerade umwerfenden Vorstellung als Gesundheitsminister nun, quasi als Trostpreis, die Entscheidungen seiner früheren Kollegen verkünden darf, wollte zu der Frage eines Journalisten nach der „Rente ab 65“ nichts sagen, sondern kündigte an, dass die Regierung „Ende der zweiten Dezemberwoche die Eckpunkte der Rentenreform bekanntgeben“ würde.

Bereits im Oktober hatte Präsident Macron erklärt, dass das Renteneintrittsalter schrittweise bis 2031 von 62 Jahren auf 65 Jahre angehoben werden soll, um den Zusammenbruch der klammen Sozialkassen zu verhindern. Und dass diese Rentenreform, die Macron bereits vor Beginn der Pandemie durchboxen wollte, was damals Zehntausende Demonstranten auf die Straße trieb, notfalls per Paragraph 49.3 durchgesetzt würde, also am Parlament vorbei. Da braut sich etwas zusammen.

Die in Frankreich ohnehin stark streikanfällige Zeit vor und nach Festtagen dürfte spannend werden. Denn ob die Taktik der Regierung aufgeht, diese Rentenreform in Lebkuchen zu verpacken, indem man sie zur Weihnachtszeit präsentiert, ist fraglich. Die Nerven der Franzosen sind nach drei Pandemiejahren und im ersten Kriegswinter derart angespannt, dass sie wohl auch kurz vor Weihnachten auf die Straße gehen und streiken werden.

Für die französische Regierung ist die Situation natürlich ein Dilemma. Damit die Renten der Babyboomer-Generation bezahlt werden können, muss länger gearbeitet werden, denn immer weniger Arbeitnehmer müssen für die Renten von immer mehr Rentern aufkommen. Auch, wenn die Rente mit 65 in anderen Ländern bereits eine Realität ist, so stießen die Reformpläne Macrons bereits 2019 auf heftigen Widerstand. Die Hoffnung in den Pariser Palästen der Macht lautet also, dass die Menschen vielleicht zwischen WM-Finale, Weihnachten und Neujahr und niedrigen Temperaturen nicht viel Lust verspüren, draußen zu demonstrieren oder Verkehrsinseln zu besetzen. Ob diese Taktik aufgeht?

Je nach Stimmungslage ist auch denkbar, dass die Gewerkschaften dann wieder zu Streiks aufrufen, was rund um die Feiertage die ohnehin angespannten Nerven der Franzosen weiter strapazieren dürfte. Und in dieser Gemengelage wird Frankreich den Jahreswechsel unter schlechten Vorzeichen beginnen – 2023 wird erneut im Zeichen einer Konfrontation zwischen der Regierung Macron und den Franzosen stehen. Keine sehr beruhigende Perspektive.

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