Das wird teuer…

Mit der nun beschlossenen „Gasumlage“ gehen die Energiepreise steil in die Höhe. Und das ist nur der Anfang – Bundeskanzler Olaf Scholz kündigt zurecht einen heftigen Winter an.

Diese Schilder hängen heute noch an einigen alten Häusern in Strasbourg. Wie lange sie noch gültig sind, ist offen. Foto: The shadock / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die „Gasumlage“, mit der ab der November-Rechnung die Gasrechnungen um 2,4 Cent pro Kilowattstunde (plus Mehrwertsteuer) erhöht wird, ist der Auftakt zu einem heftigen Winter, der wie ein Tsunami unaufhaltsam auf uns zukommt. Sind die Konsequenzen dieser Erhöhung momentan noch eher theoretischer Natur, da wir einen ungewöhnlich heißen Sommer erleben, so ziehen gerade immer düstere Wolken über dem europäischen Himmel auf. Denn die steigenden Energiekosten, aber auch die inflationsbedingt generell steigenden Lebenshaltungskosten, sind ein soziales Pulverfass, dass im Spätherbst und frühen Winter explodieren kann. Zumal bereits heute weitere Preiserhöhungen noch in diesem Winter angekündigt sind.

Da nützen auch die Durchhalteparolen von Wolodomyr Selensky nichts, der verkündet, dass der Krieg in der Ukraine bis zum Winter vorbei sein muss, inklusive Rückeroberung des Donbass und der Krim, denn weder das eine, noch das andere wird eintreten. Im Gegenteil, die Frage der Energieversorgung wird momentan von der Sorge wegen der Kämpfe rund um Europas größtes Atomkraftwerk in der Südukraine überschattet, denn wenn hier eine der beiden Seiten noch größere Fehler begeht, werden wir uns um die Frage der Energieversorgung nicht mehr viel Gedanken machen müssen.

Natürlich versuchen alle westlichen Regierungen, irgendwie Vorsorge zu treffen, doch das ist einfacher gesagt als getan. Nach wie vor hängt Westeuropa am russischen Energietropf und der Kreml und seine Adlaten bei Gazprom machen sich ein Vergnügen, die Lieferungen arbiträr zu kürzen und für den Herbst und Winter weitere Preissteigerungen anzukündigen.

Was also ist unser Plan? 20 % Gas in Deutschland sparen? US-Flüssiggas importieren? Die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängern? Die erneuerbaren Energien massiv und schnell ausbauen? Ein Mix aus all diesen Maßnahmen? Und dann?

Europa ist gefordert, doch wie in der Pandemie ziehen es die EU-Mitgliedsstaaten vor, jeweils ihr eigenes Süppchen zu kochen. Und das wiederum ermöglicht sowohl Moskau als auch Kiew, den Westen am Nasenring durch die Manege zu führen. Eine „Strategie“ für die Ukraine gibt es nicht, außer dem immer wieder wiederholten Satz, dass „Putin den Krieg nicht gewinnen darf“. Es wäre natürlich schön, würde der Angreifer zurückgeschlagen, doch die Fakten auf dem Schlachtfeld sprechen eine andere Sprache.

Rund 20 % des ukrainischen Territoriums sind von der russischen Armee besetzt und Putin denkt nicht im Traum daran, auch nur einen Zentimeter des eroberten Gebiets wieder herauszurücken. Und nun merkt man, dass es weder eine europäische, noch eine NATO-Strategie für diesen Krieg gibt. Die Vorstellung, dass es reicht, Milliarden Euro und haufenweise Waffen an die Ukraine zu liefern, ist eine Wunschvorstellung. Was aktuell als ukrainische „Erfolge“ verkauft wird, ist die Zerstörung der eigenen Infrasstruktur, um russische Nachschubwege zu blockieren. Doch kann man es nur schwerlich einen „Erfolg“ nennen, wenn man Brücken, Schienen und Straßen auf dem eigenen Staatsgebiet zerstört, um eine vorrückende Invasion wenigstens zu verlangsamen.

Man muss also davon ausgehen, dass dieser Krieg im Winter nicht vorbei sein wird und dass Europa, inklusive Ukraine, in eine noch größere Krise rutschen wird, sobald die kalte Jahreszeit beginnt. Keine europäische Regierung ist darauf vorbereitet, soziale Unruhen größeren Ausmasses zu managen, doch diese werden zwangsläufig kommen. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Bevölkerung Europas wird eine Verelendung erfahren und die Gräben zwischen Habenden und Verzweifelten sind sozialer Sprengstoff, den irgendwann auch keine Polizei-Spezialkräfte mehr ersticken können.

Mitte August 2022. Das Wetter ist schön, die meisten Menschen genießen die Urlaubszeit, das schöne Wetter und den Umstand, dass man das aktuell gerade genießen kann. Das wäre jetzt allerdings auch der richtige Zeitpunkt, Pläne B, C und D für den Herbst und Winter zu entwerfen, die nicht nur dafür sorgen sollten, dass im Winter nicht die Öfen ausgehen, sondern dass es nicht zu sozialen Verwerfungen kommt, die irgendwann niemand mehr kontrollieren kann. Doch hat man leider nicht das Gefühl, dass die momentan Regierenden das Format haben, diese multiplen Krisen geemeinsam zu managen. Unglaublich, dass die nationalen Regierungen immer noch zu glauben scheinen, dass man eine solche Gemengelage alleine und auf nationaler Ebene bewältigen kann. Doch das ist genauso illusorisch wie zu glauben, dass zu Weihnachten die ukrainische Fahne über befreiten Städten wehen wird.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste