Das Zentrum Ostfrankreichs verschiebt sich nach Westen

Am Freitag wählte der Regionalrat der ostfranzösischen Region Grand Est einen neuen Präsidenten. Franck Leroy ist der Nachfolger von Jean Rottner, dessen Abgang mehr als unrühmlich war.

Die Region wird künftig von der Champagne aus geleitet... Foto: Tschubby / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – So, nun ist es passiert. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung 2016 hat die ostfranzösische Region Grand Est einen Präsidenten, der nicht aus dem Elsass stammt. Und angesichts der Tatsache, dass elsässische Präsidenten dieses Regionalrats die Angewohnheit haben, ihre Mandate nicht zu Ende zu führen, wird es wohl so schnell auch keinen elsässischen Präsidenten mehr geben. Ostfrankreich wird künftig vom früheren Bürgermeister von Epernay in der Champagne gemanagt. Sie kennen Epernay nicht? Macht nichts, das geht vielen Elsässern auch so…

In der Zwischenzeit werden immer mehr Details über den Rücktritt des bisherigen Präsidenten Jean Rottner bekannt. Und diese Details sind unschön. Der Mann hat sein Mandat (bzw. seine Mandate) so geführt wie ein Statthalter des antiken Roms. Sprich: In möglichst kurzer Zeit sein Mandat maximal zu Geld zu machen, mit Beraterverträgen, Connections und all dem, was heute Menschen den Glauben in die Politik genommen hat.

Was hat die Wahl von Franck Leroy nun für das Elsass und die Region am Oberrhein zu bedeuten? Nun, das Elsass steht ab sofort nicht mehr im Zentrum dieser riesigen Region, und die Arroganz, die bestimmte Elsässer den fusionierten Partnerregionen Lothringen und Champagne-Ardenne bislang entgegengebracht haben, könnte sich nun gegen die Elsässer wenden. Die Pläne, erneut eine Volksbefragung zum Ausstieg des Elsass aus dieser Region organisieren zu können, dürften sich damit auch zerschlagen haben, denn Franck Leroy ist ein treuer Anhänger des Präsidenten Emmanuel Macron und der hegt keinerlei Absicht, die Gebietsreform aus dem Jahr 2016 rückabzuwickeln.

Für Jean Rottner, der sich während seines Mandats seine „Beratertätigkeiten“ für Unternehmen fürstlich entlohnen ließ und seinen Job nicht etwa aufgrund vorgeschobener „familiärer Gründe“ an den Nagel gehängt hat, sondern um einen noch besser bezahlten Job in einem Immobilienunternehmen anzunehmen, könnte sich dieser Rücktritt allerdings als Fehler herausstellen. Denn sein Ruf in der Region ist derart ruiniert, dass es fraglich ist, ob er als Regionaldirektor Ost dieses Unternehmens wirklich das erhoffte Zugpferd werden kann. Die Kundschaft könnte seine Anwesenheit auch als KO-Kriterium betrachten, mit diesem Unternehmen Geschäfte zu machen. Denn trauen kann man dem Mann wohl nicht mehr.

Ansonsten liegt die Heimat des neuen Präsidenten der Region Grand Est näher an Paris als an der Grenze zu den Nachbarländern. Vermutlich werden die Sorgen der Champagner-Winzer in Epernay und Reims künftig eine wichtigere Rolle spielen als die Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Das Gewicht der elsässischen Abgeordneten im Regionalrat wird schwinden und aus dem „Zugpferd“ dieser ostfranzösischen Region, als das man sich im Elsass empfand, wird künftig ein Anhängsel von Lothringen und Champagne-Ardennes.

Für die Hoffnungen, dass es bald wieder eine strahlende Region Elsass geben könnte, ist dies ein herber Dämpfer. Und Jean Rottner sollte mal bei seinem neuen Arbeitgeber nachfragen, ob nicht noch eine Stelle in einer anderen französischen Region frei ist, wo ihn niemand kennt…

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