Den Dreck einfach verbuddeln geht nicht

Ob es um die giftigen Stocamine-Abfälle in Frankreich geht oder den Atommüll in Deutschland – die Gerichte stellen hohe Anforderungen an die Endlagerung giftiger und strahlender Abfälle. Für 1 Million Jahre.

In den 16 Zwischenlagern, wie hier in Gorleben, wird Atommüll ebenerdig gelagert. Foto: User:Fice / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Zu einem Zeitpunkt, zu dem die EU die Atomkraft als „grünen Energieträger“ einstuft, zu einem Zeitpunkt, zu dem Frankreich für die Zukunft auf kleine Atomreaktoren des Typs „SMR“ setzt, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Gerichte verbieten, giftige und strahlende Abfälle einfach irgendwo zu verbuddeln, wo sie niemand sieht, erkennt man erneut, dass Technologien wie die Atomkraft langfristig weder finanzierbar, noch sicher sind. Der frühere Chef des Freiburger öko-Instituts Michael Sailer läutet die Alarmglocken.

Momentan befinden sich in Deutschland Tonnen hoch strahlenden Atommülls in 16 Zwischenlagern, deren Genehmigungen noch bis in die Jahre 2045 und 2046 laufen. Ob die Behälter überhaupt so lange dicht bleiben, ist fraglich. Warum aber diese 16 Zwischenlager? Die Antwort ist einfach: Weil wir (noch?) nicht über die Technologien verfügen, mit denen solche Abfälle sicher für eine Dauer von bis zu 1 Million Jahre gelagert werden können. 1 Million Jahre! Wahrscheinlich wird es diese Technologien niemals geben, denn der Plan ist, diese Abfälle unterirdisch zu lagern, doch die tektonischen Bewegungen unseres Planeten sorgen dafür, dass es praktisch keinen Ort gibt, an dem die Bedingungen vorhersehbar für 1 Million Jahre dieselben bleiben. Es ist, als würden alle die Augen vor der Frage der Endlagerung solcher Abfälle verschließen, um weiterhin behaupten zu können, dass Atomenergie sicher und kostengünstig sei. Doch die Endabrechnung der Atomtechnologie wird alles übersteigen, was sich Menschen vorstellen können.

Aktuell fehlt es also an allem. Weder verfügen wir über die Endlagerungs-Technologien, noch über geeignete Standorte, an denen man solche Endlager planen könnte. Laut Michael Sailer könnte dies im besten Fall um das Jahr 2080 herum der Fall sein, was gleichzeitig bedeutet, dass die verrottenden Atommüll-Behälter so lange weiter in den praktisch ungeschützten Zwischenlagern verbleiben und somit eine enorme Gefahr für die Menschen in der Umgebung dieser Zwischenlager darstellen.

1 Million Jahre – Die Anforderung, dass solche gefährlichen Abfälle für 1 Million Jahre sicher gelagert werden müssen, stammt nicht etwa aus den Hirnen körnerfressenden Althippies, sondern sie ist im „Standortauswahlgesetz“ (StandAG) verankert. Denn so lange will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Menschen und Umwelt vor der gefährlichen Strahlung dieser Abfälle geschützt sein sollen. Nur – dies ist praktisch nicht möglich.

Dazu kommt laut Sailer, dass die bisher geplanten Kapazitäten für ein Endlager viel zu gering ausgelegt sind, nämlich für rund 1900 „Castoren“, während der wirklich Bedarf wohl eher bei 6000 „Castoren“ liegen dürfte. Die Frage, wie mit radioaktiven Abfällen umzugehen ist, wird also voraussichtlich in diesem Jahrhundert nicht zu klären sein. Wie schön, dass die Zwischenlager fernab von den Augen der Öffentlichkeit angelegt sind – was man nicht sieht, regt einen auch nicht auf…

Diese Problematik betrifft momentan Deutschland, doch wird sie innerhalb kürzester Zeit auch Länder wie Frankreich betreffen, wo die Atomkraft zum Staatscredo gehört und der Nuklearpark nicht nur 56 Atomkraftwerke umfasst, sondern nach dem Willen von Präsident Macron ab 2030 auch unzählige kleine Reaktoren. In Ländern, in denen Atomenergie Staatscredo ist, wird die Endabrechnung noch gesalzener ausfallen als in Deutschland und spätestens dann wird man merken, dass die Menschheit noch nie einen teureren Energieträger eingesetzt hat als die Spaltung des Atoms. Denn wer ist heute schon in der Lage, die Kosten für eine 1 Million Jahre dauernde Endlagerung auch nur zu schätzen?!

Die Warnungen von Michael Sailer sollte man ernstnehmen. Bis 2019 leitete er die „Entsorgungskommission“ des Bundes und er gehört aus den ausgewiesenen Experten in diesem Bereich. Angesichts der fehlenden Möglichkeiten, den von uns produzierten Atommüll sicher für einen solchen Zeitraum zu lagern, muss man festhalten, dass wir diese Problematik einfach an die folgenden Generationen weitergeben, die weder in den Genuss kostengünstigen Atomstroms gekommen, noch dafür verantwortlich sind, wie dieser Atommüll entstanden ist. Und da wundern sich noch einige, dass junge Leute in Bewegungen wie „Fridays for Future“ auf die Straße gehen und für eine andere Umweltpolitik demonstrieren? Und wir wagen es sogar, diesen jungen Leuten den moralischen Zeigefinger vor die Nase zu halten und ihnen zu raten, doch an den Freitagen lieber in den Unterricht zu gehen? Die aktuellen Generationen sollten sich sehr kleinlaut bedeckt halten, denn außer der Zerstörung dieses Planten im Sinne der Aktionäre einiger großer Energieversorger haben wir nichts dafür getan, diesen Planeten für kommende Generationen sicher und lebenswert zu erhalten. So, wie es aussieht, ist der Mensch der größte Irrtum der Schöpfung, ein Auslaufmodell, das nicht verstanden hat, dass der Sinn der Existenz nicht darin liegt, einigen Superreichen immer weiter die Bankkonten zu füllen, sondern diese Welt in einem ökologischen Gleichgewicht zu halten. Aber das ist ein Thema, das schon lange nicht mehr diskutiert wird…

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