Denkwürdig – die „Eagles of Death Metal“ haben in Paris gespielt

Am 13. November 2015 endete ihr Konzert im Pariser „Bataclan“ in einem Blutbad, bei dem 89 Menschen ermordet wurden. Drei Monate später standen die „Eagles of Death Metal“ wieder in Paris auf der Bühne.

Mit diesem Ticket konnte man am Dienstag den "zweiten Teil" des Konzerts der "Eagles of Death Metal" in Paris anschauen. Für viele kaum erträglich. Foto: Jebulon / Wikimedia Commons / CC0

(WB) – Am Dienstagabend herrschte im Pariser Musiktempel „Olympia“ eine seltsame Stimmung. Der Auftritt der unfreiwillig zu Weltruhm gekommenen US-Band „Eagles of Death Metal“ stand unter dem Motto „Finir le concert“ (das Konzert zu Ende spielen) – denn genau das war ihnen am 13. November 2015 im „Bataclan“ nicht vergönnt gewesen. Terroristen hatten die Konzerthalle gestürmt und 89 Menschen kaltblütig ermordet. Drei Monate später wieder nach Paris zurückzukehren, um „das Konzert zu Ende zu spielen“, das erforderte Mut und hatte schon etwas fast Therapeutisches.

Es war, als wolle die Band die Zeit zurückdrehen, das Leben in dem Moment wieder aufnehmen, an dem es für 89 Konzertbesucher am 13. November 2015 endete. So hatten auch alle, die das Massaker im „Bataclan“ überlebt hatten, freien Eintritt im „Olympia“, doch für viele der geschätzten 500 Überlebenden kam das Konzert einfach zu früh. Auch, wenn Sänger Jesse Hughes versuchte, die Dämonen der Erinnerung zu übertönen, indem er rief „Bonsoir Paris, we are ready for this!“, so waren viele der Überlebenden eben noch nicht bereit, so direkt erneut in die Ereignisse des 13. November wieder einzutauchen, einem Abend, an dem viele Freude, Angehörige und Bekannte verloren hatten, selbst verletzt und traumatisiert wurden. Im „Olympia“ waren zwar mehr als zwei Dutzend Psychologen beim Konzert der „Eagles of Death Metal“ anwesend, doch die Reaktionen vieler Besucher zeigten, dass sie von der wieder hochkochenden Emotion überfordert waren.

Natürlich wollten die „Eagles of Death Metal“ ein Zeichen setzen, einen Beitrag zur Rückkehr zur Normalität leisten, doch war es schlicht unmöglich, an diesem Abend so etwas wie „musikalische Normalität“ herzustellen. Es wäre vielleicht sogar noch belastender gewesen, hätte das Konzert, wie die Band sich das eigentlich gewünscht hatte, im „Bataclan“ stattgefunden, doch dieses wird gerade renoviert und wird voraussichtlich erst zum Jahresende wieder eröffnen. Und so lange wollten die „Eagles of Death Metal“ nicht warten.

Irgendwie versteht man alle, die an diesem Abend an dem Konzert beteiligt waren. Man versteht die Band, die nicht nur ein Crew-Mitglied bei dem Terrorangriff verloren hat, sondern auch ein Trauma auf der Bühne erleben musste, das nicht einfach zu verarbeiten ist. Man versteht die Zuschauer, die zum „zweiten Teil“ des Konzerts gekommen waren, das sie nur mit Glück am 13. November 2015 überlebt hatten. Man versteht die Veranstalter, die ein deutliches Zeichen an die Terroristen dieser Welt senden wollten: „Wir lassen und von euch nicht unser Leben diktieren!“. Man versteht auch diejenigen, die darauf verzichteten, sich diesen „zweiten Teil“ des Konzerts anzutun.

Doch plötzlich war die bedrückende Erkenntnis greifbar, dass drei Monate nicht ausreichen, um diese verschiedenen Traumata zu verarbeiten. Konzertbesucher und –besucherinnen verließen weinend das Konzert, saßen zusammengesunken im plüschigen Foyer des „Olympia“ und wussten nicht, was sie mit der Situation anfangen sollten, während drinnen lauter und heftiger Metal-Rock gespielt wurde.

Die Frage, ob es richtig oder falsch war, dieses Konzert drei Monate nach den Anschlägen von Paris durchzuführen, kann nur jeder selbst für sich beantworten. Es gibt keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage. Immerhin, die Absicht, die hinter diesem Konzert stand, war absolut ehrenwert und die Botschaft an den internationalen Terrorismus ist auch tatsächlich gehört worden. „Nein, eure Morde werden uns nicht daran hindern, ein ganz normales Leben zu führen“. Was allerdings nichts daran ändert, dass dieses Konzert für viele Besucherinnen und Besucher jenseits der Grenze des Erträglichen war. Vielleicht sieht das ja beim nächsten Konzert der „Eagles of Death Metal“ in Paris schon wieder anders aus.

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