Der 14. Juli – was feiern die Franzosen eigentlich heute?

Der 14. Juli 1789 mit dem Sturm auf die Bastille wird häufig als das auslösende Moment der Französischen Revolution betrachtet. Und irgendwie war es das auch.

Um die Bastille wurde wohl deutlich weniger gekämpft als dargestellt. Foto: Balthasar Anton Dunkel / BNF / Wikimedia Commons

(KL) – Juli 1789. Frankreich ist in großer Unruhe. Das französische Volk leidet unter hohen Brotpreisen und Hunger und Volkes Seele kocht. Ludwig XVI. und seine Frau Marie-Antoinette feiern sündhaft teure Partys (mit jährlichen Kosten von 36 Millionen Livres, einer unvorstellbaren Summe und Finanzminister Necker weiß nicht mehr, wie er dafür die Rechnungen zahlen soll. Immer wieder ermahnt Necker seinen König, weniger Geld auszugeben. Bis es dem König zu dumm wird und er Necker entlässt. Keine gute Idee – Necker ist sehr beliebt und aus Unruhe werden erste gewaltsame Übergriffe. Dass Ludwig XVI. dann auch noch Schloss Versailles, wo die Generalstände tagten, von Truppen umstellen ließ, war auch keine gute Idee. Rings um Paris brannten nun die Kornhäuser, da die Menschen hofften, dadurch soviel Druck ausüben zu können, dass die hohe Steuer auf Brot sinken würde. Die Französische Revolution hatte begonnen.

Der „Sturm auf die Bastille“ am 14. Juli 1789 war wohl weniger ein Sturm als ein Symbol. Kommandant Bernard-René Jordan de Launay übergab die Gefängnisfeste bereits bei der ersten Aufforderung. Wegen sieben Gefangenen wollte er nicht das Leben der 80 Veteranen und 32 Soldaten aufs Spiel setzen, die zusammen die sieben Gefangenen bewachten. Der Legende nach befand sich unter den sieben Gefangenen auch der Marquis de Sade, doch gibt es zahlreiche Berichte, nach denen er einen Tag zuvor verlegt wurde, nachdem er die wütende Menge angestachelt hatte, indem er ihr aus dem Kerkerfenster zurief, dass in der Bastille Gefangene getötet würden, was nicht der Fall war. Die alles nützte Jordan de Launay wenig – obwohl ihm für die Übergabe freies Geleit zugesagt worden war, wurde er vor der Bastille geköpft und sein Kopf, aufgespießt auf eine Mistgabel, wurde im Triumphzug durch Paris getragen. Huh.

Viel wichtiger für die Revolutionäre als die eigentliche Einnahme der Bastille war das wohl erstmals auftretende Gefühl von „Yes, we can!“. Die Tatsache, dass es gelungen war, dem allmächtigen Staat, den die Menschen tagtäglich zu spüren bekamen, ein Symbol seiner Macht abzunehmen, erschütterte den Staat und stärkte das Selbstbewusstsein der Revolutionäre.

Die Generalstände, die eine Art Demokratie darstellen sollten, die allerdings so ausgestaltet waren, dass der Dritte Stand, nämlich 97 % der Bevölkerung, nur über ein Drittel der Stimmen verfügte, waren eigentlich eine Farce. Adel und Klerus verfügten ebenfalls jeweils über ein Drittel der Stimmen und konnten somit systematisch das Volk überstimmen. Und am Ende entschied ohnehin der König. Das Ende ist bekannt. Die Französische Revolution siegte, der König und seine Marie-Antoinette wurden ebenfalls geköpft.

Juli 2014. Frankreich ist in großer Unruhe. Das französische Volk leidet unter hoher Arbeitslosigkeit, Abgaben und Unsicherheit. Präsident François Hollande und die seinen haben sich weit, weit von ihrem Volk entfernt. Dass Assemblée Nationale und Senat nicht mehr viel zu sagen haben, hat auch der Dritte Stand verstanden. Politik findet heute nicht mehr in den Palästen der politischen Macht statt, sondern in den Chefetagen der großen Unternehmen und vor allem der großen Finanzfonds. Selbst wählen hilft nicht mehr und die Menschen sind von der Politik frustriert.

Was aber feiern die Franzosen dann heute? In erster Linie die „Erklärung der Menschenrechte“, die, man glaubt es kaum, auf dem Boden geschrieben wurde, auf dem das Blut Tausender versickerte, die in einer Art Blutrausch umgebracht wurden. Wer weiß, wie es in ein paar Jahren aussieht, wenn alles so weitergeht wie bisher. Angesichts der Tatsache, dass 225 Jahre nach der Französischen Revolution die Reichtümer wieder so ungerecht verteilt sind wie damals, steuern wir wieder auf so ein Ereignis hin.

Seltsam, dass auch Machthaber offensichtlich sehr kurzfristig denken. Denn eigentlich müssten sie wissen, wer nach der nächsten Revolution an den Bäumen in den Städten hängt. Sinnvoll wäre es, würde man einmal aus der Geschichte lernen und sinnvolle, sozial verträgliche Reformen „von oben“ dekretieren und einen gesellschaftlichen Wandel im Konsens anstreben. Aber daraus wird wohl nichts werden – wenn alle darauf hinarbeiten, dass sich die Geschichte wiederholt, dann wird sie das wohl auch. Bis dahin – schönen Feiertag!

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