Der Blankoscheck

Die Franzosen sind, politisch gesehen, müde. Zu viele Skandale, zu viele Probleme, zu wenig Konstruktives. Also haben Sie Emmanuel Macron einen Blankoscheck ausgestellt.

In der neuen Nationalversammlung wird nichts mehr so sein wie vorher... Foto: Citevia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der neue französische Präsident Emmanuel Macron und seine neue Partei „La République en Marche – LREM“ haben im ersten Wahlgang der französischen Parlamentswahl einen sensationellen Sieg eingefahren. Auch, wenn diejenigen, deren politische Formationen gerade implodieren, die geringe Wahlbeteiligung in die Diskussion bringen, ändert dies nichts daran, dass ein neues politisches Zeitalter in Frankreich begonnen hat. Dass die Wählerinnen und Wähler einer neuen Partei die Schlüssel des Landes in die Hand drücken, ist vor allem auf eines zurückzuführen – das komplette Versagen der letzten Regierungen, der des Sozialisten François Hollande und der des konservativen Nicolas Sarkozy. Nach den Amtszeiten dieser beiden Präsidenten versteht man, warum sich die Franzosen entschieden haben, künftig andere Wege gehen zu wollen.

Erstaunlich ist, dass die Vertreter der früheren Volksparteien (die angesichts der Ergebnisse diese Bezeichnung nicht mehr verdienen) immer noch die Schuld für ihr schlechtes Abschneiden überall suchen, nur nicht bei sich selbst. Doch die seltsamen Reaktionen der Führungsetagen der früheren Volksparteien zeigen, dass man selbst angesichts dieses politischen Erdbebens nichts verstanden hat.

Die Franzosen und Französinnen haben nicht für Emmanuel Macron und dessen Programm gestimmt, sondern in erster Linie für eine grundlegende Veränderung. Das Programm Macrons kennt ohnehin kaum jemand und es ist in weiten Bereichen auch noch völlig schwammig. Egal – die Franzosen wollten vor allem eines: Nicht mehr so weitermachen wie bisher.

Ging es bei der Präsidentschaftswahl vor wenigen Wochen noch darum, die rechtsextreme Marine Le Pen zu verhindern, dient die aktuelle Parlamentswahl (deren zweiter Wahlgang bereits am kommenden Sonntag stattfindet) vor allem dazu, dem neuen Präsidenten ein Parlament an die Hand zu geben, mit dem er regieren kann. Und genau das passiert gerade.

Sind die Franzosen wirklich begeistert von Emmanuel Macron? Nein, denn abgesehen davon, dass der jugendliche Macron eine Art Generations-Gegenentwurf zum politischen Establishment darstellt, weiß noch niemand, wohin die Reise mit ihm geht. Die Franzosen haben in erster Linie gegen eben dieses Establishment und für einen radikalen Wechsel gestimmt.

Dass nun aufgrund der hohen Zahl der Nichtwähler (51,3 %) die Legitimität der neuen Regierung angezweifelt wird, ist lächerlich. Jeder hatte die Möglichkeit wählen zu gehen und diejenigen, die ab übernächster Woche ins neue Parlament einziehen, haben die volle Legitimität der Wählerinnen und Wähler.

Frankreich hat sein politisches Establishment schlicht und ergreifend abgewählt. Alleine für diesen Mut verdienen es unsere Nachbarn, dass das „Experiment Macron“ aufgeht. Und wir Deutschen sollten einmal darüber nachdenken, dass es eigentlich ziemlich einfach ist, einen politischen Wandel herbeizuführen. Es reicht, dass man entsprechend wählt. So wie unsere französischen Nachbarn.

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