Der Countdown läuft…

Weniger als 100 Tage vor der vielleicht wichtigsten Europawahl aller Zeiten geht es nun auf die Zielgerade. Ob die Demokraten die EU vor dem Absturz bewahren können?

So ist's richtig - sich vor Ort informieren, Europa analysieren und dann neue Konzepte entwickeln! Diese 30 Abgeordneten der französischen PS zeigen, wie's geht! Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – In etwas mehr als drei Monaten wählt Europa seinen Weg in die Zukunft. Die große Frage lautet: Können sich die demokratischen Kräfte Europas gegen die Europafeinde, die Neonationalisten, die Ausländerhasser und Maximal-Liberalen behaupten? In dieser Woche trafen sich 30 Abgeordnete der französischen PS in Straßburg und Kehl, um sich auf diesen so wichtigen Wahlkampf vorzubereiten. Die Spannung steigt.

Was hat eigentlich das Europäische Parlament in den vier Jahren seines Mandats seit 2014 getan? Europa steht überall im Mittelpunkt der Kritik, doch wird hier vieles durcheinander geworfen. Dort, wo Europa in der Kritik steht, trägt das Parlament nur wenig Verantwortung, denn die großen Linien der europäischen Politik werden nach wie vor hinter verschlossenen Türen in Brüssel im Ministerrat getroffen. In diesem Ministerrat, der je nach Zusammensetzung auch „Europäischer Rat“ heißt, nämlich immer dann, wenn die Premierminister und Regierungschefs zusammenkommen. Kompliziert? Ja…

Und dennoch – die Bilanz dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments ist beeindruckend. Schade, dass sie kaum einer kennt. Schade, dass die gute und wichtige Arbeit der einzigen demokratisch gewählten europäischen Institution so schlecht kommuniziert wird. Doch Schuld daran, das erkannten auch die 30 Teilnehmer einer von „Condorcet“ organisierten „Europa-Schulung“, ist die komplizierte und von außen kaum nachvollziehbare Organisation der europäischen Instanzen. Ob das wohl extra so organisiert ist, damit niemand zu genau hinschaut?

Die politischen Lösungen der Zukunft können nicht mehr auf nationaler Ebene geplant werden. In einer Zeit, in der paradoxerweise ausgerechnet die Europafeinde hervorragend auf europäischer Ebene kooperieren, müssen die demokratischen Kräfte nachziehen und ebenfalls Grenzen überwinden. Gegen die „braune Welle“, die gerade über Europa schwappt, helfen nur europäische Konzepte der demokratischen Parteien und um diese verständlich zu präsentieren, sollte man jetzt keine Zeit mehr verlieren.

Die Implosion der traditionellen Parteien ist dabei eher hilfreich. Denn langsam, aber sicher, haben diese Parteien nicht mehr viel zu verlieren und sollten deshalb den Mut aufbringen, mit spannenden und neuen Konzepten für Europa anzutreten. Genau das hat diese Abgeordneten-Gruppe nun in Straßburg und Kehl getan und für diese Abgeordneten, die Europa eher als theoretisches Konzept kennen, war es sicherlich eine ganz neue Erfahrung, mit der Tram nach Kehl zu fahren, dort das Euro-Institut zu besuchen und sich vor Ort zu informieren, wie es eigentlich ist, wenn „Europa“ ein fester Bestandteil des täglichen Lebens ist.

Der Europawahlkampf hat nun begonnen und wir Bürgerinnen und Bürger sollten sehr genau zuhören, was uns die Parteien in den nächsten Wochen und Monaten anbieten und uns dann entsprechend entscheiden. Die europäischen Probleme sind hinreichend bekannt, jetzt ist es an der Zeit, über Lösungen zu diskutieren.

Bemerkenswert und erfreulich ist, dass die französischen Abgeordneten in die Region am Oberrhein kommen, um hier zu erfahren, was Europa wirklich ist. Hoffen wir, dass noch viele Wahlkämpfer den Weg an den Oberrhein finden und hier persönlich mitbekommen, warum es so wichtig ist, gemeinsam für Europa zu streiten! Die nächsten knapp 100 Tage könnten richtungsweisend für die Zukunft Europas werden – und wir alle sollten es so machen, wie diese 30 Abgeordneten aus Frankreich – sich informieren, nachdenken und dann konkrete Ideen entwickeln. Dann klappt’s auch mit Europa…

1 Kommentar zu Der Countdown läuft…

  1. Die wirksamsten Verhinderer eines wirklichen, geeinten Europas sitzen nicht in den Parteien der Rechten. AFD und Front National und wie sie alle heißen können Europa nicht ausbremsen.
    Die wirklichen Verhinderer sitzen in den Reihen derer die sich selbst Europa-Freunde nennen aber das Gegenteil von Europa gestalten: in Brüssel und in den dortigen Gremien der Nationalstaaten. Die Beharrer auf nationalstaatlicher Souveränität verhindern ein geeintes, starkes, souveränes Europa.
    Im Bild gesprochen: Brüssel (mit all seinen Kommissionen und Räten) verhindert Straßburg (mit seinem Paralement).
    Wir sollten längst mehr Angst vor den selbsternannten Europa-Freunden haben als vor den paar Europafeinden von Rechts.
    Dass hinter den Brüsseler Kulissen schon wieder darüber verhandelt wird, ob man den von uns Europäern demnächst gewählten Spitzenkandidaten auch als Präsedent anerkennen will, macht das eigentliche Drama der EU deutlich.

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