Der dritte Lockdown wird härter…

Jetzt ist Schluss mit lustig – Frankreich zieht die Schrauben an und führt scharfe Kontrollen der Lockdown-Regeln durch. Ziel ist es, die Franzosen zu disziplinieren und die Staatskasse über Strafzettel zu füllen…

Der Mann rechts hat alle Papiere in Ordnung, aber keine Maske auf - 135 €... Foto: Clembx / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Das war also das „tolerante“ Osterwochenende. Offiziell sollte den Franzosen bis zum gestrigen Dienstag erlaubt sein, über die Ostertage wegzufahren und gestern wieder daheim aufzuschlagen. Bis dahin, so die Ansage der Regierung, wolle man noch tolerant sein. Diese Toleranz zeigte sich am Osterwochenende bei 100.000 Kontrollen, bei denen nicht weniger als 17.000 Strafzettel ausgestellt wurden. Nun sollen die Kontrollen allerdings intensiviert werden – auf Frankreich kommt ein heftiger dritter Lockdown zu.

Bei der Verkündung der neuen Massnahmen hatte Präsident Emmanuel Macron erklärt, dass diese „Toleranz“ bis Montag, den 5. April, 19 Uhr gelten sollte, danach würde es ernst werden. Bis dahin, so der Präsident, „können diejenigen, die sich in eine andere Region zum Isolieren begeben, dies während des Osterwochenendes tun“. Eine nette Geste für die begüterten Pariser, die über eine Datscha im Grünen verfügen, wo sie den Lockdown für den Frühjahrs-Urlaub nutzen. Mit „Isolierung“ hat das allerdings nichts zu tun. Und diejenigen, die keine Datscha im Grünen besitzen, also die riesige Mehrheit der Franzosen, wundert sich über diese Großzügigkeit gegenüber den oberen 10.000. Oder sie wundert sich inzwischen schon über gar nichts mehr.

Zum neuen Lockdown gehören verschiedene Maßnahmen, die eine Flut von Dokumenten, Genehmigungen, Ausnahmebescheinigungen und anderes erfordern. So sind seit gestern Reisen zwischen den Regionen verboten – wer in eine andere Region fahren will, sei es aus beruflichen oder privaten Gründen, braucht einen „wichtigen Grund“ und dieser „wichtige Grund“ muss von einem selbst oder aber einer dritten Person bestätigt werden. Wenn sich das Reiseziel außerhalb eines Radius von 30 km rund um den Wohnort befindet, braucht man dazu eine weitere „Attestation“. Dazu muss man immer einen Nachweis über den Wohnsitz bei sich führen (damit die kontrollierende Polizei feststellen kann, ob man sich innerhalb des 10 km-, beziehungsweise des 30 km-Radius befindet.

So richtig blickt in Frankreich niemand mehr durch, das einzige, was den Menschen klar wird, ist dass es ernst ist. Selten hat man mehr Polizei in den Innenstädten gesehen, selten wurde mehr kontrolliert. Kein Wunder, denn bei dem Wust an Papieren, die man bei sich haben muss, ist immer ein Dokument nicht richtig ausgefüllt, fehlt eine Unterschrift oder, Sakrileg!, gleich ein ganzes Papier. Kostenpunkt im Falle einer Kontrolle – 135 €.

Innenminister Gérald Darmanin gibt sich dabei besonders martialisch. „Man muss systematisch diejenigen bestrafen, die keinen legitimen Reisegrund haben“, sagte er und kündigte an, dass die Strafen bei Wiederholung von 135 € aus 200 € steigen, wenn man zum zweiten Mal innerhalb von 15 Tagen erwischt wird – wer das Pech hat, innerhalb von 30 Tagen zum dritten Mal ohne „wichtigen Grund“ erwischt zu werden, dem drohen bis zu 6 Monate Gefängnis und eine Strafe von 3.750 € (!).

Wir bewegen uns gerade in Frankreich in eine Spirale der staatlichen Autorität und des Widerstands gegen diese Autorität. Je härter die Strafen werden, desto grösser wird die Bereitschaft, sich über Regeln hinwegzusetzen und mit Widerstand zu reagieren, wie zuletzt beim „Karneval“ in Marseille, der eher an eine „Querdenker“-Demo erinnert als an eine Faschingsveranstaltung.

Die Stimmung wird sich in Frankreich kaum bessern, denn nach wie vor wird mit zweierlei Maß gemessen. Während sich die Polizei nicht mehr in die problematischen Vorstädte traut, wo sich niemand an Corona-Regeln hält, werden die Menschen dort kontrolliert, wo sich die meisten an die Regeln halten. Auch das führt zu Unzufriedenheit, die immer lauter wird.

Der Weg aus der Krise führt nach wie vor über Versprechungen und eine mit sich selbst sehr zufriedene Regierung, die nun alles auf die Impfkampagne setzt. Nur – momentan haben rund 5 % der Franzosen eine Zweitimpfung erhalten und wir sind noch meilenweit davon entfernt, eine kollektive Immunität erreichen zu können. Dazu kommt ein Phänomen, mit dem man auch nicht gerechnet hat. Die Bildung von Antikörpern nach einer Impfung dauert zwischen 7 und 10 Tagen – so lange ist auch eine geimpfte Person möglichen Infektionen und der Weiterverbreitung des Virus weiter ausgesetzt. Doch viele geimpfte wollen sofort und unmittelbar in den versprochenen Genuss von Erleichterungen kommen und das macht sie zu wandelnden Infektionsverbreitern.

Wie man es dreht und wendet, die nächsten Wochen werden schwierig werden und das für alle Beteiligten. Wollen wir hoffen, dass diese isolierten Maßnahmen (viele Nachbarn Frankreichs haben gerade ganz andere, teilweise widersprüchliche Regelungen) wenigstens zu einer leichten Entspannung in den Krankenhäusern führen. Mehr kann man unter den Gegebenheiten leider nicht erwarten.

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