Der ehrenwerte Herr Alleinherrscher

Mit der Art und Weise, wie Deutschland am 28. und 29. September Staatsgast Recep Tayyip Erdogan empfängt, wird eine gute, alte Tradition des Hofierens von Diktatoren fortgesetzt.

Ende September rollt Deutschland diesem Herren einen roten Teppich aus. Und das ist keine gute Idee. Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Würde das Hofieren von Diktatoren, Autokraten und anderen Despoten dazu verhelfen, dass es den Menschen in Unrechtsregimen besser geht, dann wüsste man das. Die Tradition, dass man sich mit denjenigen arrangiert, über die man ansonsten hinter vorgehaltener Hand die Nase rümpft, ist gesamteuropäisch. Doch am 28. und 29. September 2018 ist diese Tradition ganz in deutscher Hand. Die Bundesrepublik verneigt sich tief und wird dem türkischen Alleinherrscher einen roten Teppich ausrollen. Mit militärischem Brimborium, Staatsdinner beim Bundespräsidenten und dabei erhält Recep Tayyip Erdogan eine 1a-Plattform zur weiteren Radikalisierung der AKP-Gefolgschaft in Deutschland. Keine gute Idee.

Despoten, Autokraten, Diktatoren und andere Bösewichter sind immer dann gern gesehene Gäste, wenn wir etwas von ihnen wollen. Mit den Gaddafis, Saddams, Pol Pots machen wir so lange blendende Geschäfte, bis ihre jeweiligen Völker sie stürzen. Dann finden wir sie auch ganz schrecklich und teilen der Welt mit, wie erleichtert wir sind, dass der betroffene Schurke nun gestürzt ist und bieten der Nachfolgeregierung Rat, Tat und Kredite an. Das war schon immer so und das wird auch immer so bleiben.

Aber ist das ein Grund, dem türkischen Alleinherrscher Recep Tayyip Erdogan eine Bühne mit rotem Teppich zu spendieren? Muss man einen Herrscher, der de facto die Pressefreiheit außer Kraft gesetzt hat, der die türkischen Gefängnisse mit all denen füllt, die in den Verdacht geraten, Erdogans Intimfeind Gülen zu unterstützen. Solange deutsche Staatsbürger unter fadenscheinigen Vorwürfen in türkischen Gefängnissen sitzen, sind die militärischen Ehren für Erdogan ein Schlag ins Gesicht der Opfer der brutalen Unterdrückung jedweder Opposition. Da nützen auch die halbherzigen Beteuerungen von Außenminister Heiko Maas nichts, dass „man auch kritische Themen ansprechen werde“. Faktisch wird man Erdogan bei den verschiedenen Pressekonferenzen die Gelegenheit geben, sich wie bereits in der Vergangenheit an seine Landsleute zu wenden und bei denen für die neonationalistische türkische Ausrichtung werben. Das heizt auch den Konflikt mit den in Deutschland lebenden Kurden wieder an und wird ebenso verlaufen, wie es auch bei früheren Besuchen Erdogans in Deutschland war.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und das Who is Who der deutschen Politik werden also Erdogan Ende September bei der Hand nehmen und ihn wieder in die Völkergemeinschaft zurückführen. Nach dem Motto „Schwamm über die Menschenrechtsverletzungen. Lasst uns wieder Freunde sein!“ Wie rührend. Hintergrund ist, dass Deutschland meint, die Türkei als Bollwerk gegen Flüchtlinge zu brauchen und dass auch wirtschaftliche Interessen beide Länder miteinander verbinden. Wieder einmal verhöhnt die Realpolitik die Opfer eines totalitären Systems. Jämmerlich.

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