Der erste Loser des Jahres – Kevin McCarthy

Die Wahl des Vorsitzenden des amerikanischen Repräsentantenhauses wird zur Farce. Fast hätte man Lust zu grinsen, doch ist der Machtkampf der Republikaner alles andere als witzig.

Hat den Titel "Loser des Jahres" verdient - Kevin McCarthy... Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Amerikaner lieben Superlative – und so ist die quälende Wahl des Vorsitzenden des amerikanischen Repräsentantenhauses inzwischen eher eine Show, als ein politischer Vorgang. Aus dem Hintergrund steuert Donald Trump eine Handvoll Getreuer, die dafür sorgen, dass Kevin McCarthy bis gestern Abend bereits 13mal bei der Wahl durchgefallen ist. So etwas gab es das letzte Mal genau vor 100 Jahren, als 1923 neun Wahlgänge nötig waren, doch vom Rekord aus den Jahren 1859/60 sind wir noch ein Stück entfernt – damals dauerte es mètrerez Wochen und Dutzende Wahlgänge, bevor das Repräsentantenhaus einen Vorsitzenden hatte.

Es sind nicht etwa die Republikaner als Partei, die diese Wahl paralysieren. Diese haben eine knappe Mehrheit im Haus, doch in ihren Reihen auch rund 20 bis 30 bedingungslose Trump-Anhänger, die genau das tun, was ihr Chef ihnen aufträgt. Und Donald Trump, der 2024 erneut bei der Präsidentschaftswahl antritt, verfolgt mit dieser Blockadepolitik eine klare Strategie: Er will den Amerikanern zeigen, dass ohne ihn die politische Landschaft im Chaos versinkt. Ähnlich wie nach der verlorenen Wahl gegen Joe Biden opfert Trump also die politische Handlungsfähigkeit des Landes seinen persönlichen Ambitionen und angesichts der zahllosen Verfahren, die gegen ihn laufen, wird diese Strategie zur Überlebensstrategie. Denn sollte Trump 2024 nicht gewählt werden und dadurch Immunität vor Strafverfolgung erlangen, dann könnte die Zeit danach für den durchgeknallten Nationalisten heftig werden.

Das Problem von Kevin McCarthy ist, dass ihm die Trump-Fraktion vorwirft, nicht aggressiv genug Opposition gegen die Demokraten zu machen. Es stimmmt, dass McCarthy nicht der Typ ist, der wie Trump zum bewaffneten Umsturz aufruft und das ist auch ganz gut so. Nur, die Trump-Seilschaften im Repräsentantenhaus benehmen sich so wie die AfD im Bundestag – es geht ihnen in erster Linie darum, den demokratischen Prozess zu stören, Abläufe unmöglich zu machen, zu bremsen und zu behindern. Konstruktive Mitarbeit am politischen Prozess sind von diesen „politischen Schulhof-Bullys“ nicht zu erwarten.

Und wie geht es jetzt weiter? Theoretisch kann der Wahlvorgang bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag weitergehen, wie 1859/60? Dass sich die Trump-Riege dafür entscheidet, ihre Blockade-Haltung aufzugeben, damit die USA wieder regierbar werden, ist wenig wahrscheinlich. Kevin McCarthy könnte seine Kandidatur zurückziehen, um Platz für einen Kompromiss-Kandidaten zu machen oder aber, er verhandelt mit den Demokraten, um die fehlenden Stimmen dort zu holen. Zwar haben in den letzten beiden Wahlgängen mehrere der Abweichler doch für McCarthy gestimmt, doch der ganz harte Kern der Trump-Riege bleibt (vorerst?) bei seiner Blockade-Haltung. Doch gleich, wie die Geschichte ausgeht, die amerikanische Demokratie wird der Verlierer dieser Farce sein und die Welt merkt, dass Trump weiterhin alles daran setzt, wieder an die Macht zu kommen. Angesichts der weltweiten Krisen und Konflikte ist das alles andere als eine gute Nachricht.

Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt, und schon haben wir den ersten Loser des Jahres: Kevin McCarthy.

Aktualisierung: In der Nacht wurde Kevin McCarthy im 15. Wahlgang doch zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gewählt. Ein Sieg, der vor allem zeigt, wie viel Einfluss die Seilschaften von Donald Trump noch haben.

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