Der FIFA-Skandal wird zum europäischen Politikum

UEFA-Chef Michel Platini droht mit einem Austritt des europäischen Verbands aus der FIFA, sollte der greise Don Blatter am Freitag tatsächlich wiedergewählt werden. Und Putin meckert.

Sollte Sepp Blatter doch als FIFA-Präsident wiedergewählt werden, droht UEFA-Präsident Michel Platini mit dem Rückzug seines Kontinentalverbands. Foto: Klearchos Kapoutsis / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Dass wir eines Tages einen Fußball-Artikel unter der Rubrik „Europa“ einzuordnen haben, damit hätten wir auch nicht gerechnet. Doch der Skandal um die FIFA, die sich immer mehr als eine mafiöse Organisation entpuppt, hat inzwischen politische Dimensionen erreicht. Aus Moskau polterte Wladimir Putin, dass es sich um einen amerikanischen Anschlag handele, der nur darauf abzielt, Russland die (wohl teuer erkaufte) WM 2018 wieder abzunehmen. Derweil drohte UEFA-Chef Michel Platini, dass der europäische Kontinentalverband die FIFA verlassen könnte, sollte heute am Freitag Sepp Blatter vom FIFA-Kongress erneut zum Präsidenten gewählt werden.

Ist es Altersstarrsinn des 79jährigen Sepp Blatter? In der aktuellen Situation, in der die amerikanische Justiz das Rattennest aushebt, als das sich die FIFA inzwischen darstellt, wer es das Mindeste gewesen, hätte Blatter auf die vielen Appelle gehört, diese Wahl zu verschieben und erst den aktuellen Skandal aufklären zu lassen. Doch auf die Bitte Platinis, einfach zurückzutreten, habe Blatter nur geantwortet, dass es dazu zu spät sei, da der FIFA-Kongress nun beginne. Der Mann hat sich in einer Sackgasse verrannt, aus der er den Weg hinaus nicht mehr findet.

Das Schlimmste ist, dass die Korruption bereits so tief im Fußball-Weltverband verankert ist, dass Blatter sogar gute Chancen hat, tatsächlich wiedergewählt zu werden. Denn unter den gut 200 Mitgliedsverbänden haben die Europäer nur 54 Sitze und selbst bei diesen 54 ist nicht klar, ob alle geschlossen gegen Don Blatter und für seinen Gegenkandidaten Prinz Ali bin-Al Hussein stimmen werden. Dieser stammt aus dem asiatischen Kontinentalverband und erstaunlicherweise will dieser mehrheitlich nicht für den Mann aus den eigenen Reihen, sondern für Sepp Blatter stimmen.

Auch Blatters blutleere Erklärung, „er könne schließlich nicht jeden in seiner Organisation überwachen“, überzeugt niemanden mehr. Es kann sich auch kein Beobachter dieses Skandals auch nur im Entferntesten vorstellen, dass die systematische Korruption innerhalb der FIFA unter den Augen, aber ohne das Wissen von Sepp Blatter stattgefunden haben soll. Wie weit er selber in den Skandal verwickelt ist, wird die Justiz klären – die den Mann offenbar schon auf dem Zettel hat. So berichtete gestern bereits der Guardian, dass die Schweizer Polizei dem FIFA-Präsidenten verboten habe, das Land zu verlassen. Wie man unter solchen Umständen den Kongress und die Präsidentenwahl abhalten kann, ist völlig unverständlich. Genauso unverständlich wie die schulterzuckende Reaktion von Blatter, der offenbar gar nicht begreift, dass der Weltfußball durch sein Verhalten und durch seine Person gerade einen riesigen Schaden nimmt.

Die Europäer haben indes genug von Blatter. Platini berichtete, dass Blatter sich bei einem Treffen geweigert habe, unter vier Augen mit dem UEFA-Präsidenten zu sprechen und die Bitte Platinis um seinen Rücktritt („Wir wollen dich nicht mehr“) mit den seltsamen Worten „Ich muss bleiben, ich werde bleiben“ zurückgewiesen habe. Sollte Blatter in dieser irrealen Situation wiedergewählt werden, müsste sich die UEFA überlegen, alle europäischen Mannschaften aus allen FIFA-Wettbewerben zurückzuziehen, kündigte Platini an. Was völlig richtig und konsequent ist.

Abgesehen davon, dass sich die großen FIFA-Sponsoren laut überlegen, sich aus ihrem Engagement für die FIFA zu verabschieden, wird die ganze Angelegenheit jetzt auch zum Politikum. Der russische Präsident, großer Unterstützer von Sepp Blatter (wen wundert’s…) verkündete wütend in Moskau, dass es sich bei diesem Skandal nur um den Versuch der USA handele, Russland die WM 2018 abzunehmen. So etwas ist Putin natürlich nicht gewohnt, konnte er doch bereits die Olympischen Winterspiele und Formel 1-Rennen nach Sotchi lotsen. Was dann am Ende die Frage aufwirft, ob es im Internationalen Olympischen Komitee genauso zugeht wie bei der FIFA. Was dann auch niemanden mehr erstaunen würde…

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