Der Hotspot-Irrtum

Zur langen Liste der Fehler, die im Management der Pandemie begangen wurden, kommt nun der nächste. Obwohl die Länder Sturm laufen, schafft der Bund die sanitären Maßnahmen ab und führt eine absurde « Hot-Spot-Regelung » ein.

Oh, ein Hot-Spot. Dann aber schnell die Maske aufsetzen... Foto: Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Bundesregierung hat entschieden, die Länder laufen Sturm. Mitten hinein in eine starke 6. Covid-Welle (Beispiel: Inzidenz in der badischen Ortenau deutlich über 2000) fallen auch die letzten sanitären Maßnahmen. Ersetzt werden sollen diese nach dem Willen von Gesundheitsminister Lauterbach durch eine „Hot-Spot-Regelung“, die es den Ländern ermöglichen soll, bestimmte Maßnahmen weiterhin dort vorzuschreiben, wo die Inzidenzen besonders hoch sind, wie beispielsweise das Tragen von Gesichtsmasken in Innenräumen. Mecklenburg-Vorpommern hat den Anfang gemacht und einfach das ganze Bundesland zum „Hot-Spot“ erklärt, um die sanitären Maßnahmen zunächst bis Ende April weiterlaufen zu lassen, weitere Bundesländer haben ebenfalls angekündigt, so verfahren zu wollen.

Die „Hot-Spot-Regelung“ zeigt einmal mehr, dass die politischen Entscheidungsträger, trotz aller medizinischen Kompetenz, auch nach über 2 Jahren der Pandemie immer noch nicht begriffen haben, dass eine Pandemie KEIN lokales Phänomen ist und daher alle Versuche, sie lokal zu bekämpfen, völlig chancenlos sind. Auch die Aussage Lauterbachs, dass wenn alle das tun, was er vorschreibt, die Pandemie im Herbst „in Deutschland besiegt“ sei, ist unglaublich. Das könnte klappen, wenn Deutschland eine Insel wäre und bis zum Herbst jeglichen Verkehr mit der Außenwelt einstellen würde. Aber Deutschland ist keine Insel und daher kann die Pandemie auch nicht auf nationaler Ebene besiegt werden. Erstaunlich, dass sich diese Erkenntnis bis heute nicht bis zur Politik herumgesprochen hat.

Dass sich der neue Gesundheitsminister so drastisch über die Einwände und Sorgen der Bundesländer hinwegsetzt, ist ebenso erstaunlich. Immerhin sind es die Länder, die seit über zwei Jahren diese Krise managen müssen und dabei ist der Bund keine große Hilfe. Das war schon unter Jens Spahn so, das setzt sich nun unter Karl Lauterbach fort.

Doch mit Sätzen wie „Die Aufhebung der Maskenpflicht ist kein Maskenverbot“ hilft man weder den Ländern, noch der Bevölkerung. Sondern man verbreitet das irrige Gefühl, die Pandemie sei vorbei. Doch in der Tat ist es so, dass diese Aufhebung der Maßnahmen vor allem dafür sorgen wird, dass Omikron BA.2 und künftigen Varianten weiterhin Tür und Tor geöffnet wird.

Und auch die neu aufflammende Diskussion um die 4. Impfdosis hilft nicht wirklich weiter. Man kann nicht einerseits die Pandemie für quasi beendet und ab sofort nicht mehr richtig gefährlich erklären, andererseits aber Zwang ausüben, um die riesigen Lager an Impfstoffen unters Volk zu bringen, nach dem schwäbischen Motto „des is bezahlt, des wird getrunken“… Entweder ist die Pandemie tatsächlich am Abklingen, dann sollte es den Menschen freigestellt sein, ob und wie sie sich weiterhin schützen wollen, oder aber die Pandemie läuft weiter (was tatsächlich der Fall ist) und in dem Moment ist es verantwortungslos so zu tun, als müsse man sich nicht mehr schützen.

Wie erfolgreich das Vorgehen der Bundesregierung ist, die sich über den kompetenten Input der Länder einfach hinwegsetzt, wird man schon bald merken. Aber jetzt gilt es erst einmal, den Menschen eine schöne Oster- und Ferienzeit zu ermöglichen, schöne Sommerferien, in denen sich wie in den letzten beiden Jahren neue Varianten bilden können und im Herbst wird man uns sagen, dass wir uns unverantwortlich verhalten hätten und daher mit neuen, restriktiven Maßnahmen leben müssen. Auch, wenn wir das seit anderthalb Jahren praktissch jede Woche schreiben: Was ist sso schwer an dem Satz zu begreifen, dass man ein weltweites Phänomen nicht lokal, regional oder national bekämpfen kann? Mit der „Hot-Spot-Regelung“ schießt Lauterbach auf jeden Fall den Vogel ab und sorgt dafür, dass sich wenigstens einer freuen kann – das Coronavirus.

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