Der Iran und Afghanistan drehen durch

In beiden Ländern ziehen die bärtigen Machthaber die Schrauben an. Im Iran werden Demonstranten zum Tode verurteilt, in Afghanistan haben Frauen eine Art Hausarrest.

Die Frauen im Iran und in Afghanistan wollen nicht länger auf so etwas reduziert werden. Foto: Mmehdi.g / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Situation zwischen den moslemischen Ländern und Europa wird immer seltsamer. Im Iran, wo seit Beginn der Unruhen bis zu 15.000 Menschen verhaftet worden sind, hat nun ein Gericht einen Demonstranten zum Tode verurteilt, wegen angeblichen „Kriegs gegen Gott“. In Afghanistan dürfen Frauen ab sofort gar nichts mehr, der Besuch von öffentlichen Parks, öffentlichen Bädern und Fitness-Studios ist ihnen untersagt. Und bei uns? Bei uns kämpfen die muslemischen Frauen dafür, dass sie die Symbole der männlichen Unterdrückung überall tragen können. Verkehrte Welt.

Die muslemische Welt ist in Aufruhr. Im Iran erhebt sich das Volk gegen das Regime der bärtigen Mollahs und das Land kommt nicht zur Ruhe. Unter Lebensgefahr demonstrieren iranischen Frauen, aber auch Männer gegen die Revolutionswächter, das ausführende Organ der Mollahs, die das Land gerne wieder ins finstere Mittelalter zurückführen wollen. In Afghanistan haben die Taliban jede Zurückhaltung abgelegt, die sie noch vor einiger Zeit an den Tag legten, um Hilfen für den Wiederaufbau des von ihnen selbst zerstörten Landes zu bekommen. Frauen sind in Afghanistan eigentlich nur noch in den eigenen vier Wänden sicher und das auch nur dann, wenn kein böswilliger Nachbar sie bei den Taliban anzeigt.

In dieser Situation wird immer unverständlicher, warum muslemische Frauen in Europa weiterhin dafür kämpfen, überall das Symbol der Unterdrückung tragen zu dürfen. Bekommen die europäischen Muslima eigentlich überhaupt mit, wie ihre Geschlechtsgenossinnen im Iran und in Afghanistan unter den bärtigen Sittenwächtern zu leiden haben? Bekommen sie mit, dass in diesen Ländern Frauen ein lebensbedrohliches Risiko eingehen, wenn sie öffentlich ihren Schleier abnehmen und manchmal sogar verbrennen?

In Zeiten, die immer konfliktgeladener werden, kann man nicht einfach so weitermachen wie bisher. Die Frage des Platzes der Religion in der Gesellschaft muss geklärt werden und es kann nicht angehen, dass Muslime in der westlichen Welt einen öffentlichen Glauben praktizieren, dessen Symbole nichts mit Freiheit, sondern nur mit Unterdrückung zu tun haben.

Europa wird sich zu den Vorgängen im Iran und in Afghanistan verhalten müssen. Während die EU erste Sanktionen gegen 31 Personen und Organisationen im Iran verhängt (allerdings in erster Linie wegen der iranischen Unterstützung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine), sind nun auch die in Europa lebenden Moslems aufgefordert, sich gegenüber den Ländern zu positionieren, in denen sie leben. Und auch die Politik wird sich erneut mit dieser Frage auseinandersetzen müssen, denn angesichts der aktuellen Entwicklung ist die Verschleierung von Frauen kein Ausdruck des Glaubens, sondern die Darstellung der Unterstützung von menschenverachtenden Regimes, die eigentlich keinen Platz mehr haben dürfte.

Es kann nicht sein, dass der Kampf der in Europa lebenden Muslime genau das Gegenteil dessen zum Ziel hat, wofür die Frauen im Iran und in Afghanistan einen Kampf auf Leben und Tod führen.

Europa muss in dieser Situation den Frauen in diesen Ländern eine maximale Unterstützung bieten, was von Sanktionen bis hin zur Einstufung der „Revolutionswächter“ im Iran als „terroristische Organisation“, wie es der Grüne Nouripour fordert. Und gleichzeitig müssen wir in Ruhe in Europa darüber diskutieren, ob wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir diesem mittelalterlichen Extremismus bei uns den Platz einräumen, sich weiter zu entwickeln.

Wir leben in unruhigen Zeiten, in denen sich alle neu positionieren müssen. Auch die in Europa lebenden Muslime, die ebenso wie der Rest der Bevölkerung angesichts dieser Entwicklung nicht einfach so weitermachen können wie bisher.

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