Der „Literarische Adventskalender“ (29)

Autor Stefan Böhm und Eurojournalist(e) präsentieren: „Straßburger Glaubensbekenntnis - Kommissar Sturnis dritter Fall“. Heute: Kapitel 29 – „1444 - Kapitulation“

Der Anblick von Daumenschrauben war auch für Johannes Gutenberg sehr überzeugend... Foto: AtelierMonpli / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(Red) – Dieses Jahr dauert die Adventszeit bei uns etwas länger… und deshalb läuft jetzt noch unser „Literarischer Adventskalender“ von Stefan Böhm. Die gute Nachricht – das Buch endet erst Anfang Januar; bis dahin kommen Sie weiter täglich in den Genuss eines neuen Kapitels!

Kapitel 29 – 1444 – Kapitulation

Eigentlich war Johannes Gutenberg ein Experte in Vertragsverhandlungen, hatte schon unzählige Verträge und Geheimverträge abgeschlossen, Prozesse geführt, den Stadtschreiber von Mainz in Schuldhaft nehmen lassen, um zu seinem Recht zu kommen. Selbst den Fängen einer heiratswütigen Gespielin samt intriganter Mutter hatte er sich in einem Prozess erfolgreich entzogen.

Dieser Fall jedoch war anders gelagert. Vertragsverhandlungen in einer Folterkammer waren einfach unfair. Von „Verhandlungen“ konnte auch gar keine Rede sein.

Der Stellvertreter des Straßburger Bischofs hatte ihn auf Geheiß seines Freundes Nikolaus von Kues von einer schwer bewaffneten Garde zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett holen und direkt in diese Folterkammer bringen lassen. Es sah nicht so aus, als sei dies der Auftakt ergebnisoffener Verhandlungen …

„Ihr verdankt es allein unserem gemeinsamen Freund Nikolaus von Kues, dass Ihr noch bei guter Gesundheit seid. Ansonsten hättet Ihr nun nur noch die Wahl zwischen der Streckbank und der Daumenschraube. Die Wahl der Reihenfolge, nicht des Folterinstruments!“

Das sah Gutenberg ganz anders. Sein vermeintlicher und inzwischen ehemaliger Freund von Kues hatte ihn verraten und verkauft. Nur seinetwegen saß er nun in diesem Schlamassel. Er hätte als großer Reformator in die Geschichte eingehen, unsterblich werden können, hätte er nur mehr Mumm in den Knochen gehabt. Nun würde ein anderer das Werk vollenden, doch es würde wohl noch an die hundert Jahre dauern. Eine große Chance war vertan.

„Neben Streckbank, Daumenschraube und dem anschließenden Fegefeuer steht Euch dank unseres gemeinsamen Freundes noch eine weitere Option zur Verfügung.“

Das enttäuschte Gesicht des Folterknechts, der seine Felle davonschwimmen sah, riss Gutenberg aus seinen Gedanken.

„Ich biete Euch einen geheimen Handel an, der Euch vom Fegefeuer bewahren und dazu noch reich machen wird. Außerdem könnt Ihr Eure epochale Erfindung nach einer Karenzzeit auch weiterhin nutzen, zum Wohle der Kirche, versteht sich. Unterzeichnet diese Erklärung und Ihr seid ein freier Mann.“

Der Stellvertreter des Bischofs hielt ihm ein Dokument unter die Nase, handgeschrieben, natürlich auf Pergament, wie altmodisch. Das hätte er mit seiner Druckerpresse auf modernem Papier viel besser hinbekommen:

Ich, Henne Gensfleisch, genannt Gutenberg, überlasse die von mir gedruckten Werke dem Vertreter des Bischofs von Straßburg gegen die Zahlung von 500 Gulden.
Ich verpflichte mich, die Stadt Straßburg für immer zu verlassen, mich für den Zeitraum von vier Jahren nirgendwo dauerhaft niederzulassen und während dieser Zeit keine weiteren Druck-Erzeugnisse zu fertigen.
Danach werde ich nur noch Werke drucken, die im Einklang mit der Lehre des römischen Papstes stehen.
Bei Zuwiderhandlung sei mein irdisches und mein Seelenheil endgültig und auf immerdar verwirkt.

Johannes Gutenberg

Ein kurzer Blick auf den Folterknecht, der inzwischen sein breites Grinsen wiedergefunden hatte, und dessen Instrumentenkasten genügte, um mit einem schwungvollen Federstrich unter die Erklärung seine Überzeugungen gegen die Zahlung von 500 Gulden und der Zusicherung freien Geleits aufzugeben.

Er würde die Stadt, die ihm in den letzten zehn Jahren ans Herz gewachsen war, verlassen, im Geheimen weiter an seiner Drucktechnik arbeiten, dann in seine Heimatstadt zurückkehren und ein Werk drucken, gegen das schlechterdings niemand Einwände erheben könnte, die Bibel …

Fortsetzung folgt…

Stefan Böhm

Straßburger Glaubensbekenntnis
Kommissar Sturnis dritter Fall

Originalausgabe
1. Auflage
© 2020 Stefan Böhm
Taschenbuch-ISBN: 978-3-969-66410-0
Umschlagsgestaltung und Satz:
Sarah Schemske (www.buecherschmiede.net)
Lektorat: Martin Villinger
Korrektorat: Bücherschmiede (www.buecherschmiede.net)
Bestellung und Vertrieb: Nova MD GmbH, Vachendorf
Druck und Bindung:
Sowa Sp. z o.o.
ul. Raszyńska 13
05-500 Piaseczno
Polen

Alle Rechte vorbehalten. Alle Figuren und deren Biografien sind erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

Straßburger Glaubensbekenntnis“ erscheint demnächst als Taschenbuch und ist bereits jetzt als E-Book erhältlich!

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