Der Neuanfang

Entlang der deutsch-französischen Grenze werden zaghaft und stundenweise die ersten Grenzen wieder geöffnet. Das ist schön. Aber leider nicht für alle. Wir werden bescheiden sein müssen.

Ab sofort sagen wir wieder "grenzüberschreitend" und nicht mehr "rheinüberschreitend"... Foto: Sami Mlouhi / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.Oint

(KL) – Erinnern Sie sich? Es ist noch gar nicht lange her, da wurde in vielen offiziellen Reden in der Region das Wort „grenzüberschreitend“ aus dem Sprachschatz getilgt. Stattdessen sagten die Offiziellen „rheinüberschreitend“ und schoben verschmitzt ein „denn die alte Grenze gibt es ja nicht mehr“ hinterher. Na ja, das war wohl eher ein sprachlicher Klimmzug, heute und vermutlich noch für eine ganze Weile heißt es wieder „grenzüberschreitend“. Auch, wenn sich jetzt ganz zaghaft wieder die ersten Grenzübergänge zwischen Deutschland und Frankreich öffnen.

Man muss das jetzt bereits als Erfolg feiern, dass einige Grenzposten wieder für Berufspendler und nur für Berufspendler geöffnet werden. In den letzten Wochen mussten die teilweise zwei bis drei Stunden Umwege einkalkulieren, um auf der deutschen Seite zur Arbeit zu kommen. Diese Umwegfahrerei wird jetzt erleichtert, indem zu Pendlerzeiten einige zusätzliche Grenzposten geöffnet werden. In den aktuellen Zeiten ist das ein enormer Fortschritt. Und natürlich, auch der Warenverkehr darf pendeln. Arbeitskräfte und Waren dürfen nach Deutschland einreisen. Alle anderen nicht. Aber wir wollen nicht kritisch sein – das ist leider bereits ein riesiger Entwicklungsschritt nach vorne.

Doch von einer „Grenzöffnung“ kann man wahrlich noch nicht sprechen. Denn ansonsten gelten die bestehenden Regeln für die elsässischen Pendler offenbar weiter. Erlaubt ist die direkte Fahrt von der Grenze zum Arbeitsplatz und nach der Arbeit wieder zurück. Ohne Einkaufen, bitteschön. Das klingt zwar unterm Strich eher nach dem etwas erleichterten Import von elsässischer Arbeitskraft und französischen Waren, aber immerhin, immerhin.

Alleine das schon zu erreichen, war ein hartes Stück Arbeit für die politisch Verantwortlichen in der Regio. Ernsthaft. Denn der Ausgangspunkt für diese Entwicklung war die hermetische Grenzschließung und wir werden uns daran gewöhnen müssen, in der deutsch-französischen Zusammenarbeit eine ganze Weile Land ganz kleine Brötchen backen zu müssen. Denn der „gemeinsame Lebensraum am Oberrhein“ hat sich in wenigen Wochen wieder zurück in „Deutschland“ und „Frankreich“ verwandelt. Insofern kann man denjenigen, die jetzt wenigstens wieder ein paar Erleichterungen für den kleinen Grenzverkehr erreicht haben, nur gratulieren.

Bis wir uns wieder alle frei und ungehindert über die Grenze bewegen können, wird einiges an Zeit vergehen. Mutige und entschlossene Visionäre für eine gemeinsame Zukunft am Oberrhein arbeiten bereits daran, unerschütterlich. Und bis es so weit ist, streichen wir ganz schnell den Begriff „rheinüberschreitend“ aus unserem Wortschatz und sagen wieder „grenzüberschreitend“. Denn die Grenze ist immer noch da.

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