Der Oberrhein hat den Kampf gegen die Pandemie aufgegeben

Das Abschlusspapier der Sitzung der trinationalen Oberrhein-Konferenz vom 26. November ist nicht mehr und nicht weniger als das Aufgeben in der aktuellen Pandemie.

Ja, nee, is klar - bislang haben unsere Verantwortlichen das alles richtig toll gemanagt... Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0 1.0

KL) – Die trinationale Oberrhein-Konferenz am 26. November, gemeinsam organisiert vom Oberrheinrat und der Oberrhein-Konferenz, hat alles aufgefahren, was am Oberrhein in Verwaltung und Politik Rang und Namen hat. Immerhin, der Titel dieser Konferenz war vielversprechend: „Pandemie am Oberrhein: Welche Lösungen für eine Metropolregion?“. Um es vorwegzunehmen – es gibt keine Lösungen. Dafür aber jede Menge verwaltungstechnischer Highlights, die in der gemeinsamen Absicht münden, in den kommenden Jahren mit einem Interreg-Projekt Kommunikations-Strukturen für künftige Pandemien zu schaffen. Für die aktuelle Pandemie haben die politisch Verantwortlichen der Region nur noch ein hilfloses Schulterzucken übrig.

Das, was von zahlreichen, gut bezahlten Fachleuten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am 26. November in verschiedenen Workshops erarbeitet wurde, ist so etwas wie die wohlklingende Bankrotterklärung der Institutionen am Oberrhein. Angesichts des Umstands, dass diese Konferenz so hochkarätig besetzt war, ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung.

Das Abschlussdokument, das am Ende dieses Artikels über einen Link in der französischen Version geladen werden kann, reicht von unglaublichen Allgemeinplätzen („Die verschiedenen Regionen am Oberrhein sind eng miteinander verzahnt“) über die Aufzählung der vielen, grenzüberschreitenden Einrichtungen, Organisationen und Körperschaften bis hin zum höchst konkreten Vorschlag, dass man „auf Grundlage der Workshops des Kongresses die großen Linien eines aufzusetzenden Interreg-Projekts erarbeiten will, um in den nächsten Jahren eine grenzüberschreitende Strategie für das Management von Pandemien“ zu entwickeln.

Die Unfähigkeit, Lösungen für die aktuelle Pandemie auch nur anzudenken, wird dadurch erklärt, dass man mit dem eigenen Versagen in den letzten beiden Jahren hoch zufrieden ist. So liest man „In der Krisenzeit hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit / Kommunikation gut funktioniert, wenn alle betroffenen Ebenen (national, regional, lokal) eingebunden waren.“ Was aber eben leider praktisch nie der Fall war. Und das wiederum erklärt, warum wir Lichtjahre davon entfernt sind, die aktuelle Pandemie am Oberrhein gemeinsam zu bekämpfen. Wie die hohen Damen und Herren der so zahlreichen vertretenen Organisationen mit dem Management dieser Krise, die noch lange, lange nicht vorbei ist, mit ihrer Arbeit zufrieden sein können, ist ein echtes Rätsel. Würden diese Leute in der freien Wirtschaft arbeiten, hätten sie vermutlich bereits alle ihre Papiere in der Personalabteilung abholen können.

Statt pragmatischer Lösungen suchen diese Verwaltungs- und Politik-Experten zunächst nach rechtlichen Hindernissen, die dann eventuell über teure Interreg-Projekte gelöst werden können, doch das klingt inzwischen eher nach Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme für Beamte und Mitarbeiter der grenzüberschreitenden Strukturen als nach Arbeit im Sinne der Bevölkerung am Oberrhein.

Aber irgendetwas haben diese Menschen in ihrem Elfenbeinturm wohl doch verstanden: „Künftig müssen, im Falle einer Pandemie, die politischen Entscheidungen auf Ebene der EU und der nationalen Regierungen von Anfang an die Sorgen der Menschen in den Grenzregionen berücksichtigen“. Der Erkenntnisgewinn nach zwei Jahren der Krise ist umwerfend. Und hindert auch niemanden daran, mit seiner eigenen Arbeit (worin bestand die eigentlich genau in den letzten beiden Jahren?) weiterhin zufrieden zu sein. Na dann…

Diese Verantwortlichen haben es noch nicht einmal geschafft, sich zu einer Frage wie der Öffnung, Durchführung oder Schließung der Weihnachtsmärkte abzustimmen, sie haben es nicht geschafft, eine einheitliche Linie zur Frage der Öffnung / Schließung oder des Zugangs zu Geschäften hinzubekommen, und im letzten März hat die Kommunikation derart gut geklappt, dass die französischen Partner von ihrer Gendarmerie über die einseitige Schließung der Grenze durch die deutschen Behörden informiert wurden. Anders gesagt: Es hat überhaupt nicht viel geklappt, auf das man stolz sein könnte.

Die Perspektive, dass diejenigen, die in Verwaltung und Politik für diese Region verantwortlich sind, nun ein mehrjähriges Interreg-Projekt aufsetzen wollen, damit es bei künftigen Pandemien etwas weniger katastrophal läuft, ist wenig beruhigend. Denn diese Perspektive sagt nichts anderes aus, als dass man den Kampf gegen die aktuelle Krise bereits aufgegeben hat. Nur – diese Pandemie ist nicht nur hochaktuell und lähmt gerade schon wieder Teile des öffentlichen Lebens, sie wird auch so gemanagt, dass wir sie auf Jahre bei uns behalten werden. In diesem Zusammenhang ist es nicht so richtig beruhigend, dass unsere Verantwortlichen jetzt versuchen, einen administrativen Rahmen für zukünftige Pandemien zu schaffen. Und diese „ambitionierten“ Pläne erläutern auch noch nicht, was diese Verantwortlichen jetzt zu tun gedenken. Und das ist offenbar nicht viel.

Zur Erbauung: das Abschlussdokument dieser denkwürdigen Konferenz…

A.4 Annexe Congrès-pandémie_Conclusions (1)

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