Der österreichische Schweizer-Käse-Lockdown

Österreich, das gerade erst einen Lockdown für nicht geimpfte Personen gestartet hat, erfindet nun für die Einreise in die Alpenrepublik ein neues Format: 2,5G…

Ja, servus, und wo kann man hier seinen Impfpass vorzeigen? Foto: Kandschwar / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0de

(KL) – Bereits einen Tag nach Verhängung eines Lockdowns gegen nicht geimpfte Personen, zeigte sich der neue österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg ganz begeistert von der Maßnahme und verkündete vollmundig, wie gut das alles funktionieren würde. Wirklich? Wirklich gut? Österreich weist heute eine Inzidenz von 953,2 (!) Fällen pro 100.000 Einwohner auf und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) fordert nächtliche Ausgangssperren und weitere Verschärfungen, nicht nur für nicht geimpfte Personen, sondern sinnvollerweise für alle. Um das Chaos perfekt zu machen, führt Österreich nun eine neue Einreiseregel ein, die sich 2,5G nennt und ausreichend Ausnahmen vorsieht, dass zumindest sichergestellt ist, dass das Virus munter weiter zirkulieren kann. Irgendwie wollen die Regierungen nicht begreifen, dass dieses „Stricken von Lösungen“ auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Während sich also die Österreicher um die Frage nächtlicher Ausgangssperren und weiterer Maßnahmen streiten, lohnt sich der Blick auf die Einreisebestimmungen, denn immerhin ist Österreich ein beliebtes Urlaubsland im Winter, alleine schon zum Skifahren. Die neuen Regeln, im Übrigen in beide Richtungen, also von Deutschland nach Österreich und zurück, sind zumindest konsequent: Man wiederholt die Fehler der Vergangenheit, vermutlich in der Hoffnung, dass die gleichen Fehler zu verschiedenen Ergebnissen führen.

So ändert sich für die im offiziellen Diskurs „sicheren“ Personengruppen der Geimpften und Genesenen – nichts. Diese beiden Gruppen, in denen das Virus nach wie vor unerkannt grassiert, werden weiterhin als „sicher“ betrachtet und genießen die neuen, alten Freiheiten und sorgen dafür, dass uns diese Pandemie auf unbestimmte Zeit erhalten bleibt. Das ist eigentlich die wichtigste Nachricht – wie überall in Europa akzeptiert man offensichtlich die Zirkulation des Virus, vorausgesetzt, es wird von „sicheren“ Personengruppen verbreitet. Aber damit das alles nicht zu einfach wird, ändert Österreich die Gültigkeitsdauer von Impfzertifikaten. Diese sind statt 12 Monaten nur noch 9 Monate gültig und in diesem Wirrwarr an Maßnahmen drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um eine Art Intelligenz-Test für österreichische Grenzbeamte und Polizisten handelt, an denen man testet, wie viele sich ständig ändernde und teilweise widersprüchliche Vorschriften der normale Beamte verarbeiten und verstehen kann.

Anders sieht es für nicht geimpfte Personen aus. Diese müssen ab sofort einen maximal 72 Stunden alten, negativen PCR-Test bei der Einreise vorweisen (bisher 7 Tage) und Antigen-Schnelltests werden nicht mehr akzeptiert. Ach ja, doch, für Pendler schon. Denn das gute, alte 3G gilt weiterhin für alle, die aus beruflichen, schulischen, universitären, familiären oder Beziehungs-Gründen nach Österreich einreisen wollen. Und somit sind dem Virus auch weiterhin alle Türen weit geöffnet. Wie man allerdings ein Virus eindämmen will, indem man die Mobilität der Menschen zwischen Regionen mit dramatischen Inzidenz-Unterschieden sicherstellt, ist ein Rätsel.

Wer dann nach einem Aufenthalt in Österreich nach Deutschland zurückkehrt, ist noch lange nicht aus dem Schneider. Denn seit letztem Sonntag ist Österreich aufgrund seiner extrem hohen Inzidenz als „Hochrisikogebiet“ klassifiziert. Wer geimpft oder genesen ist, der reist einfach ein und muss sich keine Sorgen machen, denn immerhin gilt man dann ja als „sicher“, auch, wenn man es überhaupt nicht ist. Wer allerdings nicht geimpft oder genesen ist, muss dann für 10 Tage in Quarantäne. Mit der Option, sich nach 5 Tagen „frei zu testen“.

Woher Kanzler Schallenberg seine Begeisterung für den Lockdown für nicht Geimpfte und die neuen Einreisebestimmungen nimmt, ist schleierhaft. Ebenso wie die Behauptung, man würde bereits erste Erfolge dieser Maßnahmen sehen. Eine Inzidenz in der Salzburger Grenzregion von über 1500 als „Erfolg“ zu bezeichnen, ist dann doch ziemlich gewagt. Letztes Jahr wurde bei einer Inzidenz von 50 ganz Europa dichtgemacht. Und wem das alles zu blöd wird, der hat noch eine Option: Erst einmal nicht nach Österreich zu fahren…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste