Der politische Feind der Linken ist die Linke

Im Vorfeld der Europawahl im Mai 2019 zeigt sich die ganze Misere der französischen Linken. Zwar gibt es ein großes „linkes Wählerpotential“, doch das wird nicht genutzt. Die Rechte freut's.

Eigentlich müsste Frankreichs Linke nur diesem Schild folgen... Foto: Sunil060902 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Es ist schon etwas paradox, dass „die Linke“ in den aktuellen Krisenzeiten immer noch nicht verstanden hat, wer ihr eigentlicher politischer Gegner ist: nicht etwa die jeweils anderen linken Parteien, sondern die Rechtsextremen und Neonationalisten, die eine echte Bedrohung für die Demokratie darstellen. Doch eher wird es zu einer unseligen Allianz zwischen der linksextremen „La France Insoumise“ (LFI) von Jean-Luc Melenchon und dem rechtsextremen „Rassemblement National“ von Marine Le Pen als zu einer geeinten Linken kommen.

Man müsste bei der Betrachtung der französischen „Linken“ eigentlich mit den Sozialisten beginnen, der PS. Doch die Partei, die noch 2017 den Präsidenten und eine bequeme Mehrheit im Parlament stellte, dümpelt gerade bei 6 % in den Umfragen und muss sich Sorgen machen, ob sie die 5%-Hürde überspringen kann. Wollte man die „linken“ Parteien nach ihren Aussichten in den Umfragen analysieren, muss man mit der LFI beginnen.

Die LFI ist zu 100 % außerstande, mit anderen „linken“ Parteien zu kooperieren. Parteiführer Jean-Luc Melenchon ist erklärter Maduro-Fan und überzeugt, der einzig aufrechte Linke Frankreichs zu sein. Millionäre Melenchon dürfte zwar bei der Europawahl um die 10 % einfahren können, doch ist der steife Dogmatismus der LFI, zusammen mit dem Personenkult um Melenchon, ein Hindernis für jede Art Wahlbündnis. In einem ähnlichen Bereich dürften auch die Grünen (EELV) landen, die bei der im Proportional-Wahlrecht stattfindenden Europawahl immer deutlich stärker abschneiden als bei den nationalen Wahlen, bei denen viele nicht für die Grünen stimmen, weil sie befürchten, dass sie damit eine „verlorene“ Stimme abgeben.

Dann gibt es die Kommunisten (PCF), „Lutte Ouvrière“ (wörtlich „Arbeiterkampf“), Génération.s des abtrünnigen Sozialisten Benoît Hamon, „Place Publique“ und eben die PS. Und all das wird man nicht unter einen Hut bekommen. Denn diese „Linke“ hat weder Gemeinsamkeiten, noch ein glaubhaftes Konzept für die Zukunft Frankreichs und noch weniger für diejenige Europas. Denn zu allem Überfluss sind die einen im „linken“ Spektrum pro-europäisch, während andere wie die LFI am liebsten aus der Europäischen Union aussteigen würden.

Da die beiden größten „linken“ Parteien (in Frankreich werden die Grünen noch dem „linken“ Spektrum zugerechnet) gerade Rückenwind haben, werden sie höchstens die Unterstützung anderer akzeptieren, sicher aber keine Zusammenarbeit. Die Grünen könnten alleine ein deutliches Profil abgeben, ein gutes Ergebnis einfahren und das wird ihnen reichen. LFI-Chef Melenchon träumt hingegen von der Macht und vertritt dabei ähnliche Positionen wie die rechtsextreme Marine Le Pen. Links- und Rechtsextreme würden gerne die EU verlassen, haben ähnliche Positionen bei Themen wie der Immigration und können sich wohl insgeheim eine ähnliche Situation wie in Italien wünschen, wo Links- und Rechtsextreme gemeinsam die Regierung bilden.

Doch diese Zerrissenheit der französischen „Linken“ ist der Nährboden für die Rechtsextremen und die Regierungspartei „La République en Marche“ (LREM). Es bleiben drei Monate für die französische „Linke“, sich auf ihre „linken“ Werte zu besinnen. Das hektische Schmieden von Wahlbündnissen und Treueschwüren, die ohnehin nichts wert sind, wird keine dieser Parteien nach vorne bringen. Und angesichts dieser geradezu historischen Schwäche der französischen „Linken“, darf sich niemand für den gerade stattfindenden Rechtsruck wundern. Doch ist das alles andere als ein französisches Problem – die neonationalistische Welle schwappt gerade über ganz Europa.

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